Alles Brauchbare war mittlerweile online verfügbar. Dann beschloss Julius Hufnagel, entgegen seinen Gewohnheiten, früher zu duschen als sonst, sich anschliessend ein Bier zu zischen, in ein belegtes Brötchen zu beissen und danach dem Abend seinen Netflix-Lauf zu lassen.
Der Duschkopf passte wie angegossen, obwohl er sich, mit seinem Riesen-flach-wie-eine-Flunder-Durchmesser ein bisschen bizarr ausnahm. Julius Silbernagl entdeckte die Vorteile seiner Neuerwerbung aber sofort. Nachdem er neulich gelesen hatte, dass die Menschen oftmals viel zu heiss duschen und dadurch vorzeitig altern, hatte er nun mit seinem Duschkopf eine Warnanlage. Die Grad Celsius, auch auf Fahrenheit umstellbar, teilten ihm umgehend mit, was Sache war. Julius Silbernagl war begeistert, obwohl er den Duschkopf stets umdrehen musste um aufs Display sehen zu können. Er spielte ein wenig mit den Farben herum und stellte interessiert fest, dass er den Duschstrahl auch pulsieren lassen konnte. „Wohl eher für Frauen“, murmelte er, wissend, wie viele Frauen eine innige Beziehung zu ihrem Duschkopf pflegen und sich damit kleine Freuden spenden.
Die Wochen zogen dahin, und Julius Silbernagl hatte Sabine mit dem ungewöhnlichen Nachnamen schon längst vergessen. Für eine neue Beziehung war er keineswegs bereit – nicht bevor er genau wusste, warum Agnes ihn von einem Tag auf den andern aus der Wohnung geworfen hatte. Julius Silbernagl war ein rational denkender Mensch, und er wollte aus Fehlern lernen. Trug ihm seine Fehler aber niemand vor, war er verloren, wie es ihm schien – und er zögerte, den erneuten Aufwand, den jede Beziehung nun mal mit sich bringt, auf sich zu nehmen.
Dann, es war Mittwochabend, klingelte es um 19:00 Uhr an Julius Silbernagls Haustür. Er drückte auf den Knopf, unten im Erdgeschoss ertönte ein Summen und die Haupttür wurde geöffnet.
Sabine und der Duschkopf
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