Sabine und der Duschkopf

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Sabine und der Duschkopf

Sabine und der Duschkopf

Anita Isiris

Mit der weiblichen Affinität gegenüber Duschköpfen ist das so eine Sache. Liegt es an der Form? An der Vorfreude auf eine warme Dusche nach einem arbeitsreichen Tag, ständig auf den Beinen, ständig freundlich lächelnd – derart freundlich, dass der Verkäuferin beinahe die Gesichtszüge einfrieren?

Da war der Tag, an dem Julius Silbernagl das Warenhaus betrat. Frisch getrennt, beim Einrichten der neuen kleinen Zweiraumwohnung, ist es nun mal so, dass einem dies und das fehlt. Der Pinsel, um Eigelb zu verstreichen. Die Toilettenbürste. Der Fussabtreter. Oder eben, im Fall von Julius Silbernagl, der Duschkopf. Nicht dass in seiner Dusche kein Duschkopf vorhanden gewesen wäre – das nicht. Aber Julius Silbernagl, Laborant von Beruf, war Hygienefanatiker. Somit gab es da gewisse Dinge, die man lieber nicht vom Vormieter übernahm. Dazu gehörte etwa die Zahnbürste, klar – und eben der Duschkopf. Julius Silbernagl war zuerst etwas verloren, dichte Parfumwolken betäubten beinahe seine Sinne. Wie in jedem Kaufhaus war es auch hier so, dass, gleich beim Betreten, rechterhand die zahllosen Regale mit den Parfumfläschchen und den Zerstäubern der Beachtung harrten. Agent Provocateur. Alyssa Ashley. L'air du temps. Aramis. Hugo Boss. Nina Ricci. Nautica.

Die kostspieligen Parfums waren bewusst so angeordnet, weil Frau beim Betreten eines Warenhauses in der Regel noch Geld im Handtäschchen hat – das sie dann eben für ein bisschen „Valentino“ am Handgelenk und in der Halsbeuge hinblättern kann. Ferner interessant ist auch, dass Frauen in aller Regel, obwohl das keine zugeben würde, Parfum für sich selber erwerben. „Mein Körper. Mein Duft“. Darum ist es ja so heikel, eine Frau mit Parfum zu beschenken – man kann eigentlich nur alles falsch machen. Klar bedanken sie sich alle, lächelnd, aber beim genauen Hinschauen ist das Lächeln gefroren.

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