Santinas Genuss

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Santinas Genuss

Santinas Genuss

Anita Isiris

Mit Herzklopfen erwartete Estefan, wie jedes Wochenende, seine Pam. Er lebte am Stadtrand in einer 1.5-Raum-Wohnung, im 12. Stock, und hätte nicht behaupten können, dass diese Wohnung auch nur den Ansatz einer Atmosphäre ausstrahlte, als er sie bezogen hatte. Alles, was an der Inneneinrichtung Wärme vermittelte, war Pams Werk. Die pastellfarbenen Vorhänge. Der assortierte, erdfarbene Teppich zwischen seinem Bett und dem Esstisch. Die Escher-Drucke an den Wänden. Ein gewisser Touch von Kultiviertheit haftete der kleinen Wohnung an, und durch alles hindurch strahlte Pam. Seine geliebte Pam. Was Estefan allerdings seelische Schmerzen verursachte, war die Tatsache, dass Pam nun seit über 6 Monaten ein Doppelleben führte. Die Woche verbrachte sie bei TruthNow, einer gut bewachten Kommune in den Bergen, wo sie, wie sie ihm sagte, ihre Seele reinigen wollte.

Pam und Estefan kannten sich seit vielen Jahren – ihre erste Begegnung hatte in einer der vielen Pflegefamilien stattgefunden, bei denen die beiden gelebt hatten. Estefan hatte seit dem Tod seiner Eltern in über 30 Pflegefamilien gewohnt, jede von ihnen hatte ihn nach kurzer Zeit weiter gereicht. Nun war er 22 Jahre alt – und noch immer ausgesprochen rastlos. Pam war es ähnlich ergangen. Bei ihr war hinzugekommen, dass sie vom einen oder andern Pflegevater sexuell belästigt wurde, was den Wechsel in die nächste Pflegefamilie noch beschleunigt hatte. Sie war mit ihrem dichten, langen, schwarz glänzenden Haar, ihrer grossen Oberweite und den ausladenden Hüften ausgesprochen attraktiv, für die Liebe gemacht, sozusagen, was natürlich keineswegs bedeuten konnte, dass sich Männer, denen sie anvertraut war, an ihr vergreifen durften.

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