Schlüssellöcher

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Schlüssellöcher

Schlüssellöcher

Barbara BaLo Lorenz

Er konnte einfach nicht anders! Ferdinand mußte durch Schlüssellöcher sehen.
Als er vier Jahre alt war, und Weihnachten nahte, begann es. Seine Mutter schloß die Wohnzimmertüre zu. Dahinter sollte die Bescherung stattfinden. Drei Tage noch bis zum Fest. Geheimnisvolle Töne drangen aus der verschlossenen Stube. Ein Klingeln, ein Rascheln, ein verhaltenes Klopfen. "Mama," fragte er. "Was ist den in dem Zimmer?" Und seine Mutter antwortete ihm, daß da das Christkind und seine Engel das Fest vorbereiteten, und daß sie selbst nicht wüßte, was genau da drin geschähe. Aber Ferdinand war mit der Antwort nicht zufrieden. Wie magisch zog ihn das verbotene Zimmer an. Immer, wenn seine Mutter mit anderen Dingen beschäftigt war, schlich er hin zu der Türe und versuchte durch das Schlüsselloch etwas zu erkennen. Er preßte ein Auge an das Loch und guckte hinein. Er sah nur irgend etwas grünes. Es roch nach Tanne. Das mußte wohl der Baum sein. Aber Engel? Das Christkind? Das war gar nicht befriedigend.
Eines Abends, er war schon ins Bett gesteckt worden, konnte er nicht einschlafen. Er wartete, bis es still im Haus geworden war. Dann stand er auf und huschte hinab ins Parterre, wo das Wohnzimmer lag. Unter der Zimmertüre schimmerte Licht hervor. Leise verhalten hörte er etwas. Aber es war anders als tagsüber. Er hörte Stimmen. Jetzt! Jetzt waren da sicher die Engel und das Heilige Kind! Jetzt, würde er etwas sehen! Er preßte wieder sein Auge ans Loch und.... was er da sah! Er sah nackte Beine, gespreizt, schlank, die zuckten, lagen auf einem niederen Couchtisch. Dazwischen andere Beine, haarig, ein Hintern, der wie pumpend auf und ab wippte. Er hörte: schmatzende Laute, eine helle Stimme, die seufzte, eine dunklere, die stöhnte. Dann ein heftigeres Stoßen und Pumpen und ein höchst verwirrender Ton: Ein Ahhhh und ein Ooooi!

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