Schwester Ju

8 23-36 Minuten 0 Kommentare
Schwester Ju

Schwester Ju

Anita Isiris

Jan hatte aber noch einen langen Weg vor sich in einem Zentrum für Hirnverletzte, wohin wir ihn verlegen würden, wenn unser Rehabilitationspotenzial ausgeschöpft war.

Ich sollte ihn waschen. Etwas ratlos stand ich an seinem Bett, mit der grossen metallenen Waschschüssel und dem kleinen so genannten Intimbecken aus weissem Plastik. In beiden Gefässen schäumte es; die Seife duftete gut und stärkte mich. Ich schlug das Laken zurück. Jan war splitternackt. Ich habe schon viele Männer gesehen in meinen bisherigen Praktika, aber Patienten sind Patienten, und ich hätte es mir verbeten, an etwas anderes zu denken als an deren Genesung. Bei Jan war alles anders. Mein Herz schlug bis zum Hals. Ich stand mit dem Rücken zum Fenster, und die Februarsonne reflektierte sich an einer Blumenvase, in der eine einsame weisse Rose stand.

Jan war sehr gut gebaut, was mich erstaunte. Er trainierte ja seit Monaten nicht mehr. Und Jan hatte einen enormen Schwanz, der ihm bis zur Mitte der Oberschenkel reichte. Jans Schwanz war unbeschnitten. Ich mag sie nicht, diese nackten Eichelköpfchen, die erinnern mich an Pflanzen oder Pilze. Jans Glied war aber der Archetypus eines männlichen Schwanzes. Was wohl meinen Kolleginnen für Gedanken durch den Kopf gingen, wenn sie ihn waschen mussten? Am Teamrapport wurde kaum je darüber geredet.

Ich begann mit den Schultern, dem Thorax, den Armen. Ich wusch von proximal nach distal, wie ich es gelernt hatte, und Jan dankte es mir mit einem Lächeln. Ich arbeitete mich Richtung Unterleib vor, übersprang den Intimbereich sozusagen, und befasste mich mit Jans Oberschenkeln, seinen Waden, seinen Füssen. Danach deckte ich ihn zu. „Der Patient darf sich niemals nackt vorkommen“, war das Credo unserer Lehrerin. Vor mir lag ein Ausschnitt, von zwei grossen Waschtüchern gebildet, und in diesem Ausschnitt lag Jans Riesenschwanz.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 13651

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben