„Die Krankenschwester stand mit nackten Füssen auf dem kalten Steinboden und wärmte Wasser für einen Schwarztee.“
„Die Pflegefachfrau stand mit nackten Füssen auf dem kalten Steinboden und wärmte Wasser für einen Schwarztee.“
Der zweite Satz ist ein literarischer No-Go ohne jede Stimmung, nicht wahr?
Aber zurück zu Ninas WG. Ich habe oft dort übernachtet, unter dem Dach, in der Gästekammer. Hier gab es keinerlei Luxus, aber ich fühlte mich unter all den lustigen Frauen weniger einsam als im sterilen Schwesternhaus, dessen Loge von einer grimmigen älteren Frau besetzt war. „Wehe der, die Männerbesuch mitbrachte – und sei es auch nur der Bruder – und diesen Besuch nicht spätestens um 20:00 Uhr wieder auf die Strasse setzte. Frau Fuhrer kam dann höchstpersönlich vorbei, klopfte an die Tür und sorgte für Ordnung.
Ninas WG haftete eine gewisse Aura von Freiheit an – ich liebte diesen verruchten Weiberhaufen. Keine einzige von denen konnte richtig kochen – es gab meist Spaghetti oder Käsetoast mit Ananas und Kirsche – aber ich habe in meinem Leben nie mehr so oft gelacht wie an den Abenden, an denen ich dort war. Das Idyll wurde immer durch den Nachtdienst unterbrochen, die eine von uns verrichten musste. Mitten im Kartenspiel, mitten in heissen Diskussionen brach dann eine von uns auf, schweigend, zog Schuhe und Jacke an, schnappte sich ihr Handtäschchen und verschwand in der Nacht. In der Ferne blinkten die Lichter „unseres“ Spitals. Wieviele Krankenschwesternseelen hat es schon verschlungen, dieses Spital?
Wir arbeiteten alle in verschiedenen Teams – zwei auf der Orthopädie, drei auf der Gynäkologie, und vier – ich inbegriffen – verbrachten ihre Schichten auf der Neurorehabilitation. Zimmer 321, in dem Jan lag, war allen ein Begriff. Ob allerdings meine Kolleginnen ihm auch schon einen geblasen hatten, wagte ich nicht zu erfragen – um mich selbst nicht zu verraten.
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