Dann erklomm Silke das knarrende Treppenhaus, das sich in die Höhe wand. Es gab drei Stockwerke, an denen Silke vorbeikam, dann musste sie mehreren Spinnweben ausweichen und erreichte das Dach. Die Tür zu Flurinas Gemach, die Tür, die gleichsam von Ursino benutzt wurde, damit er in sein kleines Zimmer gelangte, war unscheinbar und nicht ganz leicht zu öffnen. Dann stand Silke im Dachstock, der matt vom Mondlicht erhellt wurde. Flurina saß kerzengerade im Bett. Sie trug ein weißes Nachthemd, was ihr ein etwas gespenstisches Aussehen verlieh, das durch ihre wilden Locken noch unterstrichen wurde. „Hier bin ich“, flüsterte Flurina. „Komm, setz Dich zu mir auf einen der Kartoffelsäcke. Mehr kann ich Dir leider nicht bieten. Auch von Flurina ging ein Geruch nach Seife aus, allerdings ohne Beimengung von irgendeinem Blütenaroma. Silke rang um Worte und versuchte, ihre Erschütterung zu verbergen, die sie ergriff, weil die liebenswerte junge Frau derart arm war und nur einige Kartoffelsäcke sowie eine dünne Decke ihr Eigen nannte, wenn überhaupt. Aber Flurina hatte sich den Luxus einer Kerze geleistet, die sie mit etwas flüssigem Wachs am Boden festgeklebt hatte. Die Kerze war dick und würde wohl mehrere Stunden überdauern.
„Erzähl mir einfach aus Deinem Leben, ich notiere mir Deine Geschichten in Stichworten.“ Und da brach es aus Flurina heraus, sie schilderte in vielen Farben ihr ärmliches, arbeitsames Leben, im Wissen, dass Tausende von Frauen ihr Schicksal vermutlich teilten. Als sie etwas in Fahrt gekommen war, verheimlichte sie Silke auch die Erlebnisse mit den Dorfmännern nicht, erzählte ihr, was der Bäckermeister, der Dorfarzt, Matteo, der Hausherr, mit ihr gemacht hatten.
Silke zuliebe
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Silke zuliebe
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schöne Geschichte
schreibt alak87@gmx.de