Wenn er doch nur seine Staffelei dabei gehabt hätte... dann fasste er einen Entschluss. Simone war auf dem besten Weg, einzuschlafen. Ruhig verharrte er neben ihr, bis ihre Atmung tief und ruhig wurde. Dann warf er einen letzten begehrlichen Blick auf ihren Pfirisichpopo und schlich sich auf leisen Sohlen davon, This holte seine Staffelei und das unfertige Bild, das ihn den ganzen Morgen über beschäftigt hatte. Es war eine Leinwand von geringem Durchmesser. Er klemmte einen kleinen Malkoffer unter den Arm, den er oft benutzte, wenn er auf freiem Feld malte.
Als er wieder bei Simone anlangte, lag sie auf dem Rücken. Die Schenkel hatte sie entspannt angewinkelt, wissend, dass nur der kleine Fluss und ein paar Birken sie so sehen konnten. Thies' Herz klopfte bis zum Hals.
Ohne es zu wissen, hatte Simone sich in die ideale Stellung gebracht.
Thies' Werk zeigte die Hängematte auf dem Vorplatz in allen Details. Die geknüpften Schnüre in heller Farbe, das Muster war schon fast fotografisch präzis. Auf der Hängematte lag Simone. Ihr Pferdeschwanz glänzte und hing zwischen den Maschen der Hängematte herunter. Schon nur dieses Detail war von nicht zu überbietender Erotik. Die Augen hatte sie geschlossen. Simone sah genau so aus, wie sie sich am Morgen in der Hängematte entspannt hatte – nur: Da war kein weiss-gelb gestreiftes Spaghettiträger-Top. Da waren auch keine Baumwoll-Shorts. Simone war splitternackt. Die Brüste einer liegenden Frau zu malen, stellten Thies vor hohe perspektivische Ansprüche, überhaupt war die Perspektive das Besondere an diesem Bild. Perspektivische Verlängerung, Verkürzung, alles Themen, die bereits Michelangelo beschäftigt hatten. Aber Simone war authentisch, perfekt. Sie wirkte schon fast räumlich, so, als hätte sie die Hängematte auf dem Bild jederzeit verlassen können.
Das Überraschende an Thies' Kunst war die Geschwindigkeit, mit der er ein derartiges Opus entwickeln konnte. Simones angewinkelte Schenkel. Ihre leicht offenen Lippen. Das glitzernde Nabelpiercing, das einen winzigen Delfin zeigte. Simones Perlmutt-Nägel am linken Fuss, Simones Fussrücken mit einer leichten Rötung, die wohl von ihren Sandaletten herrührte. Hätte ein Kannibale das Bild betrachtet, er hätte Simone sofort verspeisen wollen, so süss war sie in ihrer unschuldigen Entspannung.
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