Es war Markttag. Kein Tag im ozeanischen Inselreich ist derart farbenprächtig wie der Markttag. Die Frauen tragen bunte Pareos, die Männer blumengeschmückte Hüte. Kokosmilch wird feilgeboten, Schmuck, getrocknetes Kokosfleisch und Musikinstrumente, deren Klangkörper aus einer veredelten Kokosnuss besteht. Es begab sich an einem solchen Tag, dass der Prinz von Fidschi sich mal wieder unters Volk begab und den geschmückten Ständen entlang wandelte. Er war ein Träumer, und hinter vorgehaltener Hand fragten sich viele, ob er wirklich dereinst die Regierungsverantwortung mittragen würde.
Worauf er seinen Blick richtete – ein Blick aus tiefschwarzen, von langen Wimpern geschmückten Augen – waren aber nicht kunstvoll gefärbte Tücher oder appetitlich hergerichtete Früchte. Nein, der Prinz war hingerissen von der Schönheit einer Inselbewohnerin. Sina. Arglos verkaufte sie Noni-Saft und hatte keine Ahnung, was dem Prinzen bei ihrem Anblick durch den Kopf ging. Schon seit 2000 Jahren braute die polynesische Bevölkerung aus Morinda Citrifolia ein berauschendes Getränk, genannt “Noni”. Gegen Allergien sollte es helfen, bei bakteriellen Infektionen, Verbrennungen und Fischvergiftungen. Sinas dralle Figur hatte schon längst die Aufmerksamkeit auch anderer Inselbewohner auf sich gezogen – ihr erregendes Äusseres ging einher mit einem seelenvollen
Charakter, einer warmen, samtenen Stimme und zartgliedrigen Händen, die ihresgleichen suchten. Nun ist es ja leider den wenigsten Prinzen dieser Welt vergönnt, dass sie sich unbeschwert verlieben und so ihrem Schicksal etwas nachhelfen können. Dem Prinzen von Fidschi ging es in dieser Hinsicht nicht besser. Er war bereits versprochen und befand sich in einer ausweglosen Situation. Er hatte aber einen Vertrauten. Lumor. Ihn würde er auf Sinas Fährte schicken. Lumor sollte diskret ihre Lebensgewohnheiten ermitteln. Es verging keine Woche, da betrat der listige Polynesier stolz die Gemächer des Prinzen. Er hatte herausgefunden, dass Sina Tochter einer armen Fischerfamilie war und sich mit ganzem Herzen für ihre Angehörigen einsetzte. Liebhaber hielten sich von ihr fern. Seit kurzem trieben nämlich christliche Missionare auch in der Südsee ihr Unwesen und hatten die freie Liebe strengstens untersagt. Nun beschlich also die lebensfreudigen Polynesier das schlechte Gewissen. Das permanente schlechte Gewissen der gesamten Christenheit begann allmählich, sogar in den entlegenen Winkeln dieser Welt Fuss zu fassen. Die keusche Sina hatte aber dennoch eine Leidenschaft, der sie täglich frönte. An einem Wasserfall im Landesinnern genoss sie täglich ein Bad, gut geschützt von dichtem Buschwerk, das nur diejenigen zu durchdringen verstanden, die die Gegend kannten. Der Prinz hörte nur noch mit halbem Ohr zu, dermassen erregte ihn der Gedanke, Sina bei ihrem Bad zu beobachten. Der Gedanke war aber derart verwegen, dass er ihn nicht einmal Lumor anvertrauen konnte. Er entlöhnte seinen “Agenten” fürstlich und versank in stundenlanges Brüten. Es gab nur einen Weg, Sinas Körper zu erkunden: Er musste sich in einen Aal verwandeln – wohl wissend, dass es von dieser Verwandlung keine Rückkehr gab. Mittlerweile liebte er aber Sina derart glühend, dass er das Essen in den Schalen ruhen liess, den Mond nicht mehr betrachtete und sich Abend für Abend stundenlang in seinem Schlafgemach wälzte. Noch in derselben Nacht stellte er eigenhändig die Essenzen zusammen, die für die Verwandlung vonnöten waren und machte sich auf den Weg ins Landesinnere. Nach über zwei Stunden erreichte er den Wasserfall und war sogleich aufs Höchste erregt. Hier also war der Erdenfleck, an dem Sina sich Tag für Tag ihrer Badeleidenschaft hingab –wohl der einzige kleine Luxus in ihrem arbeitsreichen Leben. Er betrachtete ein letztes Mal den Vollmond, schloss die Augen und trank in einem Zug die bittere Zauberessenz, die er in einer Lederflasche bei sich hatte. Augenblicklich schrumpfte er zu einem Aal zusammen und schlängelte sich ins Wasser. Dort harrte er zwischen Steinen und Algen der Dinge, die da kommen sollten. Ein weiterer feuchtwarmer Morgen senkte sich übers Inselreich. Das Wasser kräuselte sich sanft, und ein leichter Wind bewegte die Blätter der Kokospalmen. Sina knöpfte gedankenverloren ihren Pareo auf. Am Meeresstrand, mit ihren Freundinnen, stieg sie jeweils lachend mitsamt ihrer Kleidung ins Wasser. Das war so üblich. Das hier war aber etwas, das nur ihr ganz allein gehörte. Sina liebte die Einsamkeit, die ja nur von kurzer Dauer war. Bald würde sie sich wieder um die Fischernetze, ihren ewig hungrigen kleinen Bruder und den sabbernden Grossvater kümmern müssen. Nackt wie Gott sie geschaffen hatte, setzte sie einen Fuss ins Wasser und erschauderte. Dann machte sie beherzt ein paar Schritte, bis ihr das Wasser an den Oberschenkeln stand.
Dem Aal fielen fast die Augen aus dem Kopf. Er sah ja aus seiner Optik nur Sinas Füsse, Waden und Schenkel. Aber was für Füsse! Was für Waden! Was für Schenkel! Er bekam immer mehr von Sina zu sehen, je tiefer sie ins Wasser watete. Als er ihr tiefschwarzes, gekräuseltes Wäldchen erblickte, versteifte er sich sogleich, derart erregte ihn das. Es störte ihn keineswegs, dass Sina sich auf einen Stein setzte und er sich somit nur mit ihrem Unterkörper zufrieden geben musste. Diese wunderbaren Konturen! Sina hatte den Hintern einer Göttin. Dieser elegante Rücken! Selbst in ihre Kniekehlen verliebte sich der Prinzen-Aal. Dann sah er etwas, das ihn vollends die Fassung verlieren liess. Sina öffnete ihre Schenkel und streichelte zärtlich ihr Wäldchen, das sich dazwischen befand. Der Prinz bekam eine zartrosa Muschel zu sehen – etwas, das er in seinem Prinzenleben nie zu Gesicht bekommen hatte. Man muss nämlich wissen, dass diese Erzählung in früheren Zeiten spielt, wo der Fantasie eine grössere Rolle zukam als heute und Prinzen noch in Moral und Sitte erzogen wurden. Er schwamm näher heran. Das war doch… nein, das war wirklich zuviel für ihn. Wie seine Geliebte ihren Unterleib bewegte, langsam und kreisend... wie sie ihr Becken vorschob… wie sie ihre Muschel spreizte… der Aal wurde dermassen steif, dass er kaum mehr zum Schwimmen in der Lage war und im schlammigen Boden versank. Tags darauf wiederholte sich das Schauspiel. Erst nach einer Woche wurde dem Prinzen-Aal sein anatomisches Interesse zum Verhängnis. Fasziniert lag er vor Sina im Wasser und näherte sich ihrem Liebesloch, an dem Sina mit ihren zartgliedrigen Fingern herumspielte. Ob er sich da drin wohl fühlen würde? Er konnte den Gedanken aber nicht zu Ende denken. Energisch fasste ihn die Geliebte in der Leibesmitte und zog ihn aus dem Wasser. „Hab ich dich endlich!” lachte Sina triumphierend und hielt ihn in die Höhe. „Was fällt dir denn ein? Hm?” Der Prinzen-Aal erschreckte sich dermassen, dass ihm die Worte im Hals stecken blieben und er nicht einmal seine wahre Herkunft erläutern konnte. “Den Kopf abschlagen lassen werde ich dir!” Der Aal war aber von Sinas nacktem Oberkörper dermassen hingerissen, dass er sein nahendes Ende ignorierte. Wie ihre Wangen glühten! Die Hibiskusblüten in ihrem Haar! Selbst ihre nussbraunen Augen waren hibiskusblütenförmig, eine Eigenheit vieler Südseefrauen. Diese geschwungenen Schultern! Sinas Brüste faszinierten ihn dermassen, dass er sich erneut versteifte. Sina hatte in der Tat keine gewöhnlichen Brüste.
Sie hatten die Form von Kokosnüssen und waren so prall und fest, dass ihre ebenso schönen Freundinnen vor Neid erblassten, wenn sie sie sahen. Das Wasser perlte an den dunklen Brustwarzen ab. Sina hatte riesige Nippel. Wie gerne hätte der Aal seinen Kopf daran gerieben, aber die Situation erlaubte das keineswegs. Sina schlang sich in ihren rotgelben Pareo, packte den Aal wieder beherzt an der Leibesmitte und machte sich auf dem Weg zu ihrem Vater. Sie würde ihre Drohung wahr machen. Keiner sollte sie belästigen bei ihrem täglichen Bad. Lachend klatschte Sinas Vater in die Hände. „Was haben wir denn da?“ Sina erzählte ihm nicht die ganze Geschichte, weil es ihr peinlich war. Ihr Vater legte das Tier auf eine Holzbank, schwang das Fischbeil drei Mal über seinem Kopf… und… ZACK! Der Kopf des armen Aals landete direkt in Sinas Schoss. Ein letztes Mal schaute er sie an. „Ich bin der verwandelte Prinz von Fidschi“, sagte er, „und ich liebe dich“. Sina erstarrte. Allmählich wurden die Augen des Aals stumpf, noch stumpfer, als Aal-Augen sonst schon sind, und er sagte einen letzten Satz. “Begrabe mich in der Nähe deiner Quelle. Aus mir wird ein Kokosbaum wachsen, und das Fleisch seiner Früchte soll dich laben, seine Blätter sollen dir Schatten spenden. Dann entschlief er. Sina kullerten ein paar Tränen über die Wangen, so gerührt war sie. Sie tat wie ihr geheissen – und siehe da... binnen Wochenfrist schoss die schönste Palme aus dem Boden, die die Insel je gesehen hatte. Sie trug siebzehn Kokosnüsse, für jedes Lebensjahr, das Sina bereits hinter sich gebracht hatte, eine. Seither haben beim genauen Hinschauen alle Kokosnüsse das Gesicht eines Aals… Augen, und einen Mund.
Was Sina nicht wusste: Fortan wurde sie dutzendfach beim Baden beobachtet... von jeder Kokosnuss ein Mal.
Liebe macht kopflos.
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.