Sina und der Aal

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Sina und der Aal

Sina und der Aal

Anita Isiris

Es war Markttag. Kein Tag im ozeanischen Inselreich ist derart farbenprächtig wie der Markttag. Die Frauen tragen bunte Pareos, die Männer blumengeschmückte Hüte. Kokosmilch wird feilgeboten, Schmuck, getrocknetes Kokosfleisch und Musikinstrumente, deren Klangkörper aus einer veredelten Kokosnuss besteht. Es begab sich an einem solchen Tag, dass der Prinz von Fidschi sich mal wieder unters Volk begab und den geschmückten Ständen entlang wandelte. Er war ein Träumer, und hinter vorgehaltener Hand fragten sich viele, ob er wirklich dereinst die Regierungsverantwortung mittragen würde.
Worauf er seinen Blick richtete – ein Blick aus tiefschwarzen, von langen Wimpern geschmückten Augen – waren aber nicht kunstvoll gefärbte Tücher oder appetitlich hergerichtete Früchte. Nein, der Prinz war hingerissen von der Schönheit einer Inselbewohnerin. Sina. Arglos verkaufte sie Noni-Saft und hatte keine Ahnung, was dem Prinzen bei ihrem Anblick durch den Kopf ging. Schon seit 2000 Jahren braute die polynesische Bevölkerung aus Morinda Citrifolia ein berauschendes Getränk, genannt “Noni”. Gegen Allergien sollte es helfen, bei bakteriellen Infektionen, Verbrennungen und Fischvergiftungen. Sinas dralle Figur hatte schon längst die Aufmerksamkeit auch anderer Inselbewohner auf sich gezogen – ihr erregendes Äusseres ging einher mit einem seelenvollen
Charakter, einer warmen, samtenen Stimme und zartgliedrigen Händen, die ihresgleichen suchten. Nun ist es ja leider den wenigsten Prinzen dieser Welt vergönnt, dass sie sich unbeschwert verlieben und so ihrem Schicksal etwas nachhelfen können. Dem Prinzen von Fidschi ging es in dieser Hinsicht nicht besser. Er war bereits versprochen und befand sich in einer ausweglosen Situation. Er hatte aber einen Vertrauten. Lumor. Ihn würde er auf Sinas Fährte schicken. Lumor sollte diskret ihre Lebensgewohnheiten ermitteln. Es verging keine Woche, da betrat der listige Polynesier stolz die Gemächer des Prinzen.

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