Sirenen im Bad der Sibyllen

Geschichten vom Anfang der Träume

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Sirenen im Bad der Sibyllen

Sirenen im Bad der Sibyllen

Stayhungry

Tag für Tag ging das nun so. Und es wurde von Tag zu Tag weniger unverbindlich. Eine junge Frau, schlank, ihre langen braunen Haare zum Pferdeschwanz gebunden, stand K. gegenüber am Drehkreuz zum Saunabereich. Er wollte hinaus, sie, inmitten einer schnatternden Schar von Freundinnen, hinein. Mit festem Blick erwiderte sie stets seinen tiefen, ernsten, zweifellos interessierten Blick. Seit gestern entbot sie ihm ein freundliches Hallo, heute schon im Chor ihrer fröhlichen Begleiterinnen.

Er ließ ihnen selbstverständlich den Vortritt und wartete, bis sie alle eingecheckt hatten und in den Damenbereich mit Dusche und Toiletten strömten. Dieser war vom Gang für alle gut einsehbar, würden sich doch alle in wenigen Metern hüllenlos untereinander bewegen zwischen Saunen, Wasserspielen und Ruhezonen. Noch im Gang streiften sie nacheinander ihre Bademäntel ab und hängten sie auf. Prächtige Backen sah er und schmale Popos, große und kleine Brüste, schlanke Taillen und dralle Rubensdamen. Jung waren sie, heiter, redselig, lebendig, unbeschwert, ein Traum von Lebenslust, der ihm den Atem stocken ließ.

*

Diesmal war alles anders. Schon in vielen Wellnesstempeln hatten sie im Winter Entspannung gesucht. Zwar hatte ihnen die nahe der vorgeblichen Weltstadt mit Herz gelegene Thermenwelt gut gefallen mit ihrem riesigen Angebot, und K. genoss vor allem den unverhüllten Blick auf viel junges Fleisch, stramme Backen, knackige Brüste und ansprechend vernietete Schamlippen. Aber Trubel, Lärm und Überfüllung weckten in der Gattin bald den Wunsch, in ruhigere Gefilde auszuweichen. Seit ein paar Jahren besuchten sie ein feines, modernes, aber ein wenig verschlafenes Hotel an der Grenze mit Bademantelgang zur nachbarlichen Therme. Das Publikum bestand überwiegend aus älteren Leuten, von denen so manche aus der Form geraten waren, wohl mit Verlagerung der sinnlichen Genüsse hin zur vermehrten Energiezufuhr in fester und flüssiger Form.

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