Sitz der Vernunft

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Sitz der Vernunft

Sitz der Vernunft

Andreas

Wie erreicht man den jungen Menschen? Barbara Schöller konnte diese grundlegende Frage nicht eindeutig beantworten! Sie nahm ihren Beruf als Lehrerin ernst, den sie als Herzensangelegenheit betrachtete. Chantal hieß das Mädchen, das ihr Sorgen bereitete. Die 18-jährige gehörte zu den Schülern mit Potential, wie es Frau Schöller gern ausdrückte. Chantal litt aber auch unter den Vorurteilen, die ihr entgegen schlugen. Schuld war eine deutsche Schulkomödie, in der eine Chantal ihr Unwesen trieb. Seitdem wurde die sensible Schülerin gemobbt, wobei sich vor allem ein Mädchen namens Sophie hervortat. Die Tochter eines Arztes glaubte ganz sicher, weit über Chantal zu stehen. Chantals Vater arbeitete beim städtischen Bauhof, wo er für die Straßenreinigung zuständig war. Chantal schämte sich nicht für den Beruf ihres Vaters, obwohl Sophie nicht mit abfälligen Bemerkungen geizte. Barbara Schöller fand, dass es an der Zeit war, um Chantal beizustehen. Die 50-jährige Deutschlehrerin erinnerte sich an die Erzählungen ihrer Mutter, die ebenfalls dem Beruf der Lehrerin nachging. „Der wahre Sitz der Vernunft liegt auf dem Breitengrad der südlichen Hemisphären, mein Kind!“ pflegte sie zu sagen. „Dies betrifft vor allem junge Damen, die diese Bezeichnung nicht immer verdienen!“ Dabei fing Barbara einen zarten Klaps ein, der sie verunsicherte. Ihre Mutter lachte, als sie Barbaras erschrockenes Gesicht sah. Sie strich über ihr Haar. „In meiner Schulzeit setzte es etwas, wenn ein Mädchen über die Stränge schlug! Sei froh, dass diese Zeiten vorbei sind, obwohl sie bei manchen jungen Frauen noch immer angebracht wären!“ Wobei die alte Frau Schöller nicht ihre eigene Tochter Barbara im Blick hatte. Barbara gehörte zu den braven Mädchen, wie auch Chantal Müller. Sophie Wollschlegel konnte man hingegen guten Gewissens als bösartig bezeichnen, was sie auch im Schulalltag unter Beweis stellte.

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