Im Grunde war David ein Aesthet. Trotzdem war er Gynäkologe geworden. Um den Beruf war er nicht wirklich zu beneiden: Kaum jemals kamen schöne Frauen zu ihm in die Praxis, und wenn, durfte er sich ohnehin nichts zuschulden lassen kommen: Die Patientinnen waren sexuellem Missbrauch gegenüber viel stärker sensibilisiert als früher. Ausserdem kamen so viele Patientinnen zu ihm, dass er sie beim besten Willen nicht mehr als Individuen auseinanderhalten konnte.
Jetzt sass David versonnen im Erstklassabteil über seinem Laptop und feilte zum letzten Mal an einem Referat, das er am späteren Nachmittag in Zürich halten würde. Das erste, was ihm auffiel, als der Zug in Olten einfuhr, waren Sandras grüne Zehennägel. Er wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie die Frau in seinem Abteil hiess. Sandra sass David gegenüber. Er liess den Blick an ihr hochgleiten - bis zu den Knien. Sie trug einen unauffälligen beigen Jupe. Das nabelfreie Teil, das ihren Oberkörper verhüllte, hatte dieselbe grüne Farbe wie die Zehennägel. David war fasziniert. Wieder versenkte er sich in seinen Text - aber da waren diese Frauenfüsse, Sandras Füsse, die ihm keine Ruhe liessen. Ihr dichtes dunkles Haar fiel ihr über die Schultern; um die Augen war sie Davids Ansicht nach etwas ungeschickt geschminkt, was aber ihre Ausstrahlung noch verstärkte. "Darf ich?" fragte sie - und ohne seine Antwort abzuwarten, legte sie auf den freien Sitz neben ihm eine leere Plastiktasche und machte es sich, das heisst, ihren Füssen, darauf bequem. Als sie die Beine bewegte, sah David für den Bruchteil einer Sekunde ihr Höschen. Nun war es mit der Konzentration endgültig vorbei. "Woran arbeiten Sie, wenn ich fragen darf?" Sandra war neugierig. "Ehm, so ein Referat", antwortete er. "Vorhin sah es aber nicht so aus als würden Sie sich auf den Laptop konzentrieren", lachte Sandra und öffnete wieder leicht ihre Beine.
Sommer
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