Stefanie spielt

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Stefanie spielt

Stefanie spielt

Anita Isiris

Stefanie freute sich nicht auf Detroit. New York, Ankunft, das ging ja noch an. Alles grösser, breiter, glänzender und höher als in Europa – mit Ausnahme der ehemaligen Twin Towers vielleicht. Erschöpft setzte sie sich in einen unterkühlten Fast-Food-Tempel und bestellte mit Gänsehaut und steifen Brustwarzen einen Mixed Salad mit American Dressing. Kurz darauf setzte sie sich in einen Greyhound für die endlose Reise zur Zielmetropole Detroit City. Acht Monate sollte sie hier verbringen – acht Monate ohne ihre Kolleginnen, ohne die gewohnte Wärme, ohne vertraute Stimmen – und ohne ihren Freund Ralf. An der Greyhound Station in Detroit würde ihr Pate sie abholen. Wie unterkühlt würde sie bis dahin sein? Diese Klimaanlagen funktionierten gut. Verdammt gut. Sie war nicht allein und hatte sich gerade rechtzeitig einen Fensterplatz gesichert.

Alice Cooper. Alice dröhnte in ihr, weckte Vorfreude. Detroit Rock. Von Suzi Quatro und ihrer soeben erschienenen Produktion «The Devil in Me» ganz zu schweigen. «Devil Gate Drive», damals, in den 1970ern. Die Single hatte Stefanie von ihrer Mutter zum Geburtstag erhalten. «Hör mal rein, hatte ihre Mama mit rauer Stimme zu ihr gesagt. Und Steff war hin und weg gewesen. Detroit Rock.

Mit geschlossenen Augen wartete sie auf die Abfahrt. Hinter ihr grölte eine Meute Jungs, die wohl gerade erst die vielfältige Wirkung von Bier kennen lernten. Endlich setzte sich das Gefährt in Bewegung. Es war aber etwas anderes, das Stefanie die Augen wieder öffnen liess. Im letzten Augenblick hatte sich noch jemand neben sie gesetzt. Er roch im Glauben, zu duften. Er roch nach dem penetrantesten After Shave, das an der ganzen verdammten Ostküste zu kaufen war. Stefanie wandte sich von ihm ab, so gut das bei den beschränkten Platzverhältnissen möglich war, und schaute aus dem Fenster.

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