Steilwandliebe

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Charles Haiku

"Ich bin Chirurg", sagte der Arzt, zog das Messer aus dem Lederschaft und hielt es grimmig in die Höhe, "Wenn sie verstehen, was das bedeutet. Einen Körper fachgerecht zu zerteilen ist für mich Routine. Und dieses Messer ist scharf. Scharf wie ein Skalpell."
Der Arzt schniefte verwegen und schob das metallene Ungetüm wieder in seine Scheide zurück. Hypnotisiert verfolgte Charlotte, wie das Messer unter dem Hosenbein des Haibezwingers verschwand und schluckte etwas Aufgeregtheit hinunter. Maximilian hörte auf zu beten und begann zu fluchen. Er verwünschte die Sanitäter, die ihn hierher gefahren hatten. Den Berg, diesen Urlaub. Er verdammte den Tag, als er Charlotte kennen lernte, den Tag seiner Geburt und alle seine Vorfahren. Mit etwas Zellstoff reinigte der Arzt den Stuhl. "Seitdem", verkündete er dabei voller Stolz, "traut sich kein Hai mehr in die Nähe meiner Insel."
"Sie besitzen eine eigene Insel?" überrascht musterte Charlotte den Arzt, den sie kaum älter als fünfunddreißig Jahre schätzte. "Eine eigene Insel im Pazifik, mit Palmen, exotischen Vögeln, geheimnisvollen Grotten und einem eigenen Strand nur für sie? Wie romantisch!" Seine Augen verfärbten sich grau. "Was habe ich alleine von Romantik. Es ist sehr einsam dort. Meine Frau. Meine Ex- Frau...", korrigierte er sich, "...besaß nicht das geringste Interesse für die Natur dort. Sie haßte surfen. Das Doppelbrett, welches ich extra anfertigen ließ, um mit ihr gemeinsam über den Wellen dahin zu gleiten, verstaubt im Keller der Villa, die mein Urgroßvater einst im Kolonialstil dort erbauen ließ. Das Einzige, was sie an unserem Atoll mochte, waren die Perlen, die zwischen Korallen versteckt in Muscheln wachsen."
Der Arzt lächelte bitter. "Vielleicht hatte sie nur Angst!

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