Suppe und Sex

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Suppe und Sex

Suppe und Sex

Anita Isiris

Anna war von Haus aus eine Bauerntocher, und zwar eine richtige. Was haben denn richtige Bauerstöchter, was andere Frauen nicht haben? Da wäre einmal das kräftige Haar. Bauerstöchter sind selten platinblond, sondern haben eher eine erdig-braune Haarfarbe, aber eine, die direkt ans Herz geht. Jede Frau liebt ihr Haar. Eigentlich ist das Haar der Mittelpunkt eines Frauenlebens, obwohl die meisten sich dessen gar nicht bewusst sind. Gefühlt Monate, wenn nicht sogar Jahre, ergeben sich, wenn man die Zeit zusammenrechnet, die Frauen vor dem Spiegel verbringen, um ihr Haar zu richten, zu flechten und zu kämmen. Hierbei ist es völlig egal, ob es sich beim Spiegel um eine Glasscherbe handelt, bei verarmten Frauen zum Beispiel, oder um ein edles Stück aus funkelndem Kristall, wie es nur Königinnen ihr Eigen nennen dürfen.

Annas Spiegel stammte aus einem Brockenhaus und hatte einen schlichten Holzrahmen, den sie einmal, als sie noch deutlich jünger war, mit blauen und roten Punkten bemalt hatte. Vor diesem Spiegel also stand Anna, die Bauerstochter, und sie flocht sich Zöpfe ins Haar. Und was für welche! Einer der Zöpfe umringte am Schluss ihren Kopf, was ein wenig aussah wie ein Korbgeflecht, hätte der Zopf nicht Annas Haupt geschmückt. So war dieser den Kopf umringende Zopf nichts als pure Verführung, denn wer so Zöpfe flechten konnte, machte sicher auch beim Liebemachen nichts falsch.

Anna lächelte und sah sich um. Alles in ihrem Zimmer war an Ort und Stelle. Das Batiktuch über ihrem breiten Holzbett. Der Flickenteppich, den ihre Grossmutter, der Arthrose zum Trotz, mühsam gefertigt hatte. Die Stoffkatze, in die sich Anna oft hineingeweint hatte als sie noch jünger gewesen war. Der wuchtige, ans Bedrohliche grenzende Kleiderschrank, der Annas Essenz enthielt: All ihre bunten, geheimnisvollen, meist selbst genähten Röcke mit geheimnisvollen Innentaschen.

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