Swenja

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Swenja

Swenja

Jürgen Lill

Ich schüttelte den Kopf und widersprach: „Du warst doch immer für mich da!“
Ich wollte mein Plädoyer noch weiter ausführen. Aber Selina kürzte es einfach ab, indem sie sagte: „Also gut, sagen wir, wir sind füreinander da!“
Damit war ich einverstanden.
Selina öffnete den Picknickkorb, zündete eine Kerze an und reichte mir eine Weinflasche, um sie zu entkorken. Während ich den Korken aus der Flasche zog und die beiden Gläser voller goss, als vornehme Menschen es tun, breitete Selina vor uns ein liebevoll bereitetes Nachtmahl aus, Schnittchen mit Käse, Schinken und Thunfisch und dazu Zwiebelringe, Knoblauch, Gurken und Tomaten. Wir hatten heute den ganzen Tag noch nichts gegessen und nur Wasser getrunken. Die lange Autofahrt, die Strandwanderung, das Toben im Meer und die frische Luft hatten Appetit gemacht. Und so aßen wir mit Heißhunger und genossen den schweren, französischen Wein.
Lange saßen wir noch so.
Die Mädchen kamen vollzählig und gesund aus dem Meer zurück, setzten sich an ihr fast erloschenes Feuer und legten ein wenig Holz nach, so dass die Flammen wieder etwas höher loderten und die nassen Körper beleuchteten. Noch einmal trafen sich die Blicke von Swenja und mir. Ich fühlte mich unwohl dabei, weil mir die Anziehungskraft dieser Augen, der ich mich nicht entziehen konnte, ein schlechtes Gewissen gegenüber Selina bereitete. Selina, der mein Blick nicht entgangen war, verstärkte den Druck ihrer Hand auf meinem Schenkel, wie sie es oft tat, bevor sie etwas Wichtiges sagte. Und dann meinte sie: „Du solltest sie fragen, ob Du sie fotografieren darfst.“
Ich schüttelte den Kopf und erwiderte: „Die ist doch viel zu jung.“
Aber Selina meinte: „Das glaube ich nicht. Frag sie doch einfach.“
Das Essen und der Wein hatten mich müde gemacht. Ich ließ mich nach hinten auf die Decke fallen, blickte in einen strahlenden Sternenhimmel, wie ich ihn seit Jahren nicht mehr gesehen hatte und antwortete: „Vielleicht morgen.“

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