Sylvie

Agnes' Haus der sündigen Engel

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Sylvie

Sylvie

Stayhungry

Sylvie machte keinerlei Anstalten, ihr allein auf ihn gerichtetes Interesses zu vertuschen. Sie wollte es nicht, war wie versteinert, wusste nicht, was sie sagen sollte, wollte gar nichts sagen, sah ihn nur an, eine Ewigkeit.

Langsam erstrahlte ein Lächeln in seinem Gesicht, nicht triumphierend, freundlich, verständnisvoll und ein wenig melancholisch. Er ging auf sie zu und sagte nur: Es sind die Augen, in denen wir uns verlieren. Und wir finden uns nicht mehr zu uns selbst, bis wir uns bekennen.

Das war offen, mutig, nicht anmaßend.

Sylvie lächelte nicht, grinste nur kurz in ihrer Verlegenheit und schwieg. Todernst war ihr Blick, die Stirn gerunzelt, hinter der die widerstreitenden Gedanken rasten und letztlich nur Leere und Lähmung hinterließen. Ihren Blick aber senkte sie nicht, hing an seinen Lippen, seinen Augen, in Erwartung, ohne die geringste Ahnung, was dies sein sollte.

Sie war einem Unbekannten nachgestiegen und schon nach den ersten Schritten durchschaut worden. Und nun stand sie vor einem ergrauten Mann, der ihr Vater sein könnte, und war nicht Frau, nicht Mädchen, nicht Kind, nur Sylvie.

Was dann geschah, verblüffte sie maßlos.

Die wahrscheinlichste Reaktion wäre gewesen, dass einer wie er angesichts ihres wenig verhohlenen Interesses eine Gelegenheit witterte, bei ihr ein schnelles Abenteuer en passant mitnehmen zu können. Bei wahrlich harmloserem Verhalten hatte sie erfahren müssen, dass absolut widerstehliche Männer sich für unwiderstehlich hielten und ziemlich direkt und wenig charmant erkunden wollten, was geht. Selbst eloquent dargebotene Anmache war ihrem Wesen nach eben nur plump.

Er wusste alles über sie. Also, nichts von ihrer Biografie, ihren Lebensumständen, ihren Namen und dergleichen. Aber über ihre Seele, ihre Suche, ihre Sehnsucht. In wenigen ruhigen Sätzen beschrieb er ihre Unruhe, ihre Rast- und Ziellosigkeit und ihre Ratlosigkeit im Verhältnis zu den Männern in ihrem Leben.

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