Sylvie

Agnes' Haus der sündigen Engel

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Sylvie

Sylvie

Stayhungry

Woher weißt Du das? fragte sie, ihre Stimme klang fast verzweifelt, denn jetzt stand sie, am Rand einer lärmenden vierspurigen Straße im Berufsverkehr, nackt, entblößt vor ihm, nicht am Leib, aber an ihrer Seele.

Deine Augen haben Deine Geschichte erzählt, Tag für Tag in der U-Bahn, und heute, als Du ungewohnt an derselben Station ausgestiegen und mir die Treppe herauf gefolgt bist, hast Du meine sicherlich etwas gewagten Vermutungen zur Gewissheit gemacht.

Und hast Du irgendeinen Rat für mich? fragte sie leise, fast flehentlich, so nah an seinem Gesicht, dass er ihren Atem hätte spüren können, hätte nicht ein kühler Wind den Gestank des Verkehrs zwischen sie getragen.

Ich kann Dir nur über meine Gedanken und meine Sehnsüchte, meine Verletzungen und meine Träume erzählen. Du entscheidest selbst, ob es Dir Anregung ist oder verlorene Zeit. Wissen kann es keiner von uns.

Nun fühlte sie sich nicht mehr schwach und hilflos, sie schämte sich nicht mehr vor ihm, dem Fremden. Was seine Augen versprochen hatten, hatten seine Worte erfüllt. Er begegnete ihr mit aufrichtigem Respekt und ihre Hilflosigkeit hatte er geadelt als etwas Wertvolles, als die wunderschöne Sehnsucht nach dem Mehr.

Nun sprudelte es nur so aus ihr heraus. Sie setzten sich schließlich auf die wenig einladende Bank in der Bushaltestelle und redeten und redeten. Irgendwann gaben sie in der Arbeit Bescheid, dass heute etwas dazwischen gekommen sei, und suchten sich ein Cafe.

*

Die Männer, die sie einst erwählt hatte, waren oft entbrannt in wildem Verlangen, doch stets hatte sie das Gefühl es sei dann doch nur Geilheit gewesen, die so schnell verschwand wie sie gekommen war, im Nachhinein von ihr eben ganz und gar nicht als Verlangen nach ihr und ihrer Person empfunden, sondern wahllos, mächtig, unpersönlich.

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Gedichte auf den Leib geschrieben