Tattoo art

Lost in transformations - Teil 2

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Yupag Chinasky

Einem dunkelhäutigen Modell wird in einem Sakebad ein Drache auf die Haut tätowiert. Er hatte keine Ahnung, was das Sakebad bedeutet, nun weiß er wenigstens, was damit gemeint war. Auch Tattoos waren für ihn bisher eine fremde Welt. Deswegen hatte er sich eingehend über japanische Tattoos informiert. Er hatte das Internet durchforstet, sich einschlägige Bücher besorgt und in kurzer Zeit ein recht umfangreiches Wissen über diese spezielle Hautkunst angehäuft. Der Hinweis auf das mysteriöse Sakebad hatte ihn animiert, an diesem Abend den gewohnten Whisky durch Sake zu ersetzen. Und so herrscht auch bei ihm Sakemania, wenn auch nur mit billigem Reiswein aus dem Kaufhaus und ohne Geisha, die ein weit edleres Produkt angewärmt und mit höflicher Verbeugung in einem winzigen Schälchen dargereicht hätte. Ein kräftiger Schluck aus der allzeit bereiten Flasche muss reichen, um eine Verbindung zwischen West und Ost herzustellen, um Raum und Zeit zu synchronisieren und seine Inspiration mit der des fernen Tätowierers zu harmonisieren.
Die Mailbox spielt eine kurze Melodie. Nun treffen die ersten Tattoobilder ein und er erkennt die groben Umrisse eines Drachens auf der Haut des Mädchens. Die Eckpunkte sind gesetzt, die Form ist angerissen. Der digital artist weiß nun, was der Tätowierer vorhat, welchen Drachentyp er plant. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um seine eigenen Vorstellungen umzusetzen. Jetzt kann er anfangen, den Plan zu verwirklichen, der in seinem Hirn reifte, seit er wusste, was der Mäzen dieses Mal wollte. Er hat sich mehr vorgenommen, als nur ein farbiges Tattoo auf einer dunklen Haut in ein aufregendes Bild zu verwandeln. Das wäre zwar auch eine Herausforderung, aber dieses Mal will der digital artist mehr, dieses Mal will er nicht nur reagieren, nicht nur die Vorlagen des emsigen Fotografen bearbeiten und ein eigenes Bild daraus kondensieren, dieses Mal will er etwas völlig Eigenständiges schaffen.

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