Die Arbeit des Tätowierers und die Bilder des Fotografen werden ihm nur als Anregungen dienen, als Entwurfsskizze, als sparring partner für einen neuen Wettkampf. Er hat vor, auf künstlicher Haut, auf der virtuellen Oberfläche eines digitalen Kunstobjekts, ein Tattoo entstehen zu lassen, das am Ende des Schaffensprozesses wieder real sein wird. Er wird reale Drucke erstellen, Bilder auf edlem Papier, zum Anfassen, zum Aufhängen, zum Bewundern. Seine Bilder werden eine eigene Realität darstellen. Second life wird gegen first life antreten und den Sieg davontragen, die Krone erobern. Seine Bilder werden besser sein als das, was der Tätowierer schafft und besser als das, was der Fotograf ablichtet. Er wird ein Kunstwerk, schaffen, wie es noch keiner jemals gestaltet hat.
In den unergründlichen Weiten des Internets hatte der digital artist ein neues Programm entdeckt und sich eine Testversion heruntergeladen. Das Programm, erstellt von einem genialen Spinner, hatte ihn bei den ersten Versuchen fasziniert und überzeugt. Es bietet die Möglichkeit, virtuelle, künstliche Oberflächen zu schaffen und auf diesem Gemälde entstehen zu lassen, auf Leinwand, Beton, Holz. Seine eigene Idee war, eine künstliche Haut zu schaffen und darauf ein Tattoo zu setzen, ein Tattoo, das seinen Auftraggeber in Verzückung versetzen sollte. In akribischer Tüftelei hatte er sich eine virtuelle Arbeitsfläche eingerichtet, die nun auf dem Monitor erschien: den halben Oberkörper einer dunkelhäutigen Frau, von der rechten Brust, über Schulter und Oberarm zum Hals und dem Gesicht. Für die Struktur der Haut hatte er viel Sorgfalt aufgewendet. Farbe und Struktur mussten stimmen, nicht zu dunkel, nicht zu hell, nicht zu glatt, nicht zu rau. Sie durfte auf keinen Fall von klinischer, steriler Reinheit sein. Sie musste lebensecht wirken, mit dezent dosiertem Pickel, mit minimalen Verunreinigungen, einigen Poren und Härchen, eine Haut, die dem Betrachter extremen Realismus suggerierte.
Tattoo art
Lost in transformations - Teil 2
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