Tattoo art

Lost in transformations - Teil 2

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Yupag Chinasky

Auch er wird fauchen und den Betrachter böse anschauen und ihn in eine vergangene, irreale, surreale Welt versetzen.
Der digital artist arbeitet lange und konzentriert bis seine Arbeitshand anfängt, leicht zu zittern. Es entstehen Fehler. Er muss immer öfter korrigieren, löschen, Verbesserungen vornehmen. Um wieder zu seiner Gelassenheit zu finden, greift er zu der Sakeflasche. Ein Schluck und die Hand werden ruhiger, ein weiterer Schluck und der Blick wird klarer, der nächste Schluck lässt die Gedanken schneller kreisen und der letzte bewirkt, dass sein Schaffensdrang ihn übermannt. Die Arbeit geht wieder rasch und präzise vonstatten. Sake ist genauso gut wie der vertraute Whisky. Schnaps ist Schnaps, Hauptsache Alkohol, stellt er ein wenig resigniert fest und arbeitet verbissen weiter. Sein Bild, sein Drache wird gut werden, daran hat er nun keine Zweifel mehr.
Nach Stunden ist das Werk fast fertig und er konzentriert sich nun auf das letzte, schwierigste Detail, auf das Auge des Drachens, ein rotes, böses Auge auf dem Hals des Mädchenmodells. Es gefällt ihm noch nicht, er muss noch etwas ändern, ein paar Details verbessern, dem Blick mehr Tiefe, mehr Ausdruck geben. Erst verstärkt er die schwarze Umrandung, dann zeichnet er akribisch ein kompliziertes Muster auf die Iris, schwarze Linien auf rotem Grund. Jetzt ist nur noch die Pupille übrig, eine leere, schwarze Fläche. Er zoomt sich hinaus und betrachtet das Bild aus der Entfernung, dann zoomt er sich wieder hinein, so weit es geht. Er ist unzufrieden. Diese monochrome Pupille gefällt ihm nicht. Er muss etwas hinein zaubern, etwas, das dem Auge mehr Ausdruck verleiht, nein, nicht nur mehr Ausdruck, auch Bosheit und Niedertracht. Er muss den Blick des Drachens interessanter und suggestiver machen und das geht nur, wenn er die Pupille zum Leben erweckt.

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