Beider Zorn ist verraucht, der Sake hat gewirkt. Der Tätowierer hat den schwierigsten Teil seiner Arbeit fast beendet, er muss nur noch den Schlusspunkt setzen, nur noch ein paar kleine Schnitte, nur noch ein wenig Farbe. Aber nun zögert er wieder. Es ist ein Auf und Ab, es ist, als ob ihn Kraft und Mut kurz vor Erreichen des Ziels verlassen hätten. Dabei sollte doch die Erfahrung vieler Jahre es ermöglichen, dass er sein Werk vollendet, mit ruhiger, präziser Hand, Stich für Stich, Schnitt für Schnitt. Aber vielleicht waren es doch zu viele Tassen Sake, die er mittlerweile getrunken hat, vielleicht hat er zu viel Tranquilizer in seinem Blut. Er setzt zwar voller Anspannung und Aufmerksamkeit erneut das scharfe Messer an den Hals des Mädchens, das Schächtermesser an den Hals des Opferlamms. Es schwebt nur wenige Millimeter über der heftig pulsierenden Schlagader und verharrt dort.
Der Fotograf merkt auf einmal, trotz seines Trans, wie konzentriert die beiden sind und ihm wird plötzlich klar, dass sich vor seinen Augen eine heikle Szene abspielt. Er ist nun selbst wieder hellwach und wie elektrisiert. Jede falsche Bewegung, jedes Rucken und Zucken können dramatische Folgen haben. Dieses Motiv darf er sich nicht entgehen lassen, es ist einmalig und einzigartig. Diesen Nervenkitzel muss er in seinen Bildern festhalten. Er will gute Arbeit machen, dafür ist er bekannt, deswegen wurde er von dem Alten angeheuert, dafür wird er bezahlt. Er überlegt, wie er es anstellen kann, sich dem Schauplatz wieder zu näheren, ohne den tattoo artist erneut zu stören und zu ärgern. Sich einfach auf die andere Seite der Wanne zu stellen, reicht nicht, dort bekommt er die heikle Arbeit nicht so in das Bild, wie es ihm vorschwebt. Er setzt sich auf den Wannenrand und lehnt sich in einer grotesken Verrenkung in Richtung Mädchen.
Tattoo art
Lost in transformations - Teil 2
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