Tattoo art

Lost in transformations - Teil 2

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Yupag Chinasky

Und es entgeht ihm auch nicht, dass der Tätowierer auf einmal zögert, die letzten Stiche durchzuführen, die letzten Punkte zu setzen. Das alles sieht er und nimmt es doch kaum wahr, denn sein Blick ist ausschließlich auf die Mulattin in der Wanne gerichtet. Seine ganze Aufmerksamkeit gilt der schokoladenfarbenen Schönheit, diesem seltsamen, fremdartigen Wesen. Sie hat ihn in ihren Bann gezogen, lässt ihn nicht mehr los, beherrscht seine Gedanken und Gefühle und er hat sich willig gefangen nehmen lassen. Sie ist so schön, diese dunkle Nymphe, verheißungsvoll und zugleich unnahbar. Er verschlingt den nackten Körper mit seinen Blicken, ergötzt sich an den sanften Rundungen der Schultern, erfreut sich an den eleganten Linien der Arme, die auf dem Wannenrand liegen, starrt auf die festen, halb in Sake versunkenen Brüste, versucht zu erkennen, was sich unterhalb der Oberfläche der Flüssigkeit verbirgt, und erahnt die geheimnisvollen Details in der obskuren Sphäre zwischen ihren angewinkelten Beinen. Doch sein Blick kehrt immer wieder zu ihrem Gesicht zurück, zu diesem, ruhigen, fast maskenhaften Gesicht, das die ganze Zeit sowohl Konzentration als auch Gelassenheit widergespiegelt hat. Ein Gesicht, in dem sich neben der Schönheit, aber zunehmend Angst und Leiden gezeigt hat. So gelassen sich die Frau immer noch gibt, so sehr merkt er, dass sie eine unerklärliche Furcht erfasst hat. Und auf einmal wird dem Alten bewusst, welche Gedanken die ganze Zeit durch sein Hirn jagen. Es ist gar nicht ihr Körper, der ihn anzieht und auch nicht ihre Schönheit, weder ihre Exotik noch die Erotik, die sie ausstrahlt. Der wahre Grund für seine Erregung ist ihr Leid, ihre Unruhe, der Schmerz in ihren Augen. Diese unselige Mischung steigert seine Geilheit und neue Lust durchströmt seine Adern, Blut pocht wild in seinem Gemächt und bewirkt die lang ersehnte Auferstehung des Fleisches.

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