Tattoo art

Lost in transformations - Teil 2

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Yupag Chinasky

Statt eines missratenen Abfallprodukts hängt nun ein Meisterwerk an der Wand, die Transformation eines fiktiven, aber dennoch realen Bildes in eine abstrakt-reale Symbiose. Ein solches Bild hat sich noch keiner ausgedacht, so etwas hätte keiner, bewusst schaffen können. An ein solches Experiment hätte sich keiner gewagt. Er hat künstlerisches Neuland betreten, dessen ist er sich sicher und er wird solch ein Werk wohl auch kein zweites Mal erschaffen können, auch dessen ist er sich sicher.
Doch wie kam die Veränderung überhaupt zustande? Was war die Ursache dieses Wunders, dieses Fiaskos, das sich nun in sein Gegenteil gekehrt hat? Er wird später herausfinden, dass die Ursache eine Schlamperei war. Die Erprobungszeit für das neue Programm, mit dem er gearbeitet hatte, war abgelaufen und er hatte sich nicht rechtzeitig bemüht, die Testversion durch eine gültige, gekaufte Version zu ersetzen. Um das Programm vor unbefugtem Gebrauch zu schützen, hatte der Entwickler sich etwas Besonderes einfallen lassen. Statt dass sich das Programm wie üblich abschaltete und quasi in Tiefschlaf versank, bis es durch den erstandenen Registrierungscode wieder zum Leben erweckt wurde, trat eine „destroy“ Funktion in Aktion. War die Testzeit abgelaufen, fing das Programm ohne Vorwarnung an, Fraktale zu produzieren, Mandelbaum-muster zu bilden, überlagernde Strukturen zu schaffen, die sich mehr oder weniger regelmäßig über die Arbeitsfläche ausdehnten und die man nur stoppen konnte, wenn man den Computer abschaltete. Das Programm vervielfachte die letzte Aktion, in seinem Fall war es der Schlusspunkt, der rote Punkt in der Pupille des Drachenauges, der seine rote Farbe, das Blut, unaufhaltsam über das Bild verteilte, langsam und stetig, nicht schlagartig, nicht zufällig, sondern nach einem raffinierten Muster, das in seinem Fall wie hyperreales Blut aussah, aber viel schöner und viel dramatischer dahinfloss als im echten Leben.

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