Das Skalpell dringt in dessen Handballen. Heftiger Schmerz durchzuckt ihn, er droht das Gleichgewicht zu verlieren, um nicht in der Blutsake zu versinken, lässt er die Kamera fallen. Sie versinkt und das Klick-klick hört endlich auf. Der Fotograf schwankt bedrohlich, such mit der nun freien, verletzten Hand Halt, verkrallt sich in dem Kabel der Leuchte, die auf dem Wannenrand liegt, zerrt daran und auch die Leuchte fällt in die Wanne. In letzter Sekunde, bevor er selbst abgleitet, schafft es der Fotograf sich vom Wannenrand abzustoßen. Er fällt auf die Reisstrohmatte und liegt nun auf dem Boden, genauso wie der desolate tattoo artist auf der anderen Seite. Der hatte sich von seinem Schemel gleiten lassen und die Augen geschlossen, um das Schreckensbild nicht weiter sehen zu müssen, das sich in der Wanne immer noch abspielt.
Das Drama findet mit dem Eintauchen der Lampe in die Sake sein Ende. Ein Kurzschluss führt zu einem letzten, hellen Aufleuchten, verbunden mit einem lauten Knall. Dann verlöscht das Licht und zugleich verlöschen auch alle anderen Lichter in dem Raum. Nur noch der Schein des Lichtermeers, der durch die Fenster dringt, erhellt die grässliche Szenerie notdürftig. Mit dem Licht der Lampe ist auch ein Leben verlöscht. Der Stromschlag hat das Sterben des Mädchens beschleunigt. Es hört abrupt auf, um sich zu schlagen, die gurgelnden Geräusche verstummen, die Wogen in der Sakewanne ebben ab. In dem Raum ist es nahezu dunkel und beängstigend still.
Wie sich später zeigen wird, ist die Kamera ruiniert, aber die Bilder auf der Speicherkarte sind erhalten geblieben, die gesamte, detaillierte, grausige Dokumentation der Ereignisse, sowohl das obszöne Gehüpfe des senilen Alten als auch der schreckliche Stich in den Hals des armen Mädchens. Ein Drache findet sich nur auf der Haut des Opfers, sonst nirgendwo. Aber eine weitere Einzelheit ist bemerkenswert. Aus den Bilddaten wird sich rekonstruieren lassen, dass der Stich in die reale Halsschlagader und die unaufhaltsame Ausbreitung des fatalen roten Punkts auf dem virtuellen Hals, den der digital artist gesetzt hatte, exakt zum selben Zeitpunkt erfolgten.
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Lost in transformations - Teil 2
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