Dr. Jonas Eisendraut traute seinen Augen nicht, als er sich ins Online-Gespräch mit seiner langjährigen Arbeitskollegin Claudia Seewer einklinkte. Im Bärchen-Pijama, mit einem Wäscheständer im Hintergrund, war sie eine ganz andere Frau als die Krankengymnastin, mit der er in Köln ein Gesundheitszentrum führte. Claudia Seewer hatte ihn, was ihr Äusseres anging, schon immer angezogen. Die beiden teilten sich die Garderobe, und es machte der Krankengymnastin nichts aus, wenn Jonas Eisendraut sie sah, jeden Morgen, wenn sie sich aus der Jeans aalte und das T-Shirt auszog, um sich die weit geschnittene Hose und den blauen Arbeits-Kasak überzustreifen. Jonas Eisendraut kannte Claudias appetitliche Rundungen, und das seit drei Jahren, als die beiden ihre höchst erfolgreiche Praxis eröffnet hatten.
Während der Beruf der Krankengymnastin in den letzten Jahren verarmt ist, weil immer mehr Spitäler aus ökonomischen Gründen die sperrigen und platzraubenden Fango-Öfen und Vierzellenbäder entsorgt hatten, sahen Dr. Eisendraut und Claudia Seewer genau hier eine Marktnische. Claudia bot Fangopackungen an, und es gab im Gesundheitszentrum tatsächlich ein sehr beliebtes kleines therapeutisches Bad. Eisendraut verordnete, um die Einnahmen zu sichern, Claudia führte aus.
Die beiden verbrachten die Imbisspause zusammen, den Mittag, schlürften immer gemeinsam den Nachmittagstee und waren einander sehr zugetan. Obwohl beide in einer festen Beziehung lebten – Jonas Eisendraut hatte Familie mit zwei Söhnen, Claudia Seewer hatte einen Partner, den sie über alles liebte.
Und nun also kein Kasak, kein streng gebundener Pferdeschwanz. Sondern Claudia Seewer mit offenem, fliessendem Haar, im Bärchenpijama, bei dessen Oberteil der oberste Knopf geöffnet war. Und im Hintergrund der Wäscheständer mit ein paar bunten Slips und BHs, soweit Eisendraut das feststellen konnte.
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