*
Nachdem die Sonne untergegangen war, wärmten noch einige Zeit die Steine mit der gespeicherten Hitze des Tages. Dann zündeten die Kellner der Luxusherberge in der Therme die Feuerschalen auf der Terrasse an, wo Emet und Elian schon vor Stunden ihr Abendessen eingenommen hatten und in das Gespräch vertieft keine Anstalten machten, aufzubrechen. Warmherzig hatten sie einander begrüßt und in den Armen gehalten. Vertraute Fremde waren sie, von denen jede sich in der anderen erkannte. Zunächst hatten sie noch viel Zeit darauf verwandt, einander nach Menschen zu befragen, die sie beide kannten, und nach den Abenteuern des Weges der letzten Wochen. Doch lange wagte Emet nicht, jene Ereignisse anzusprechen, die zu ihrem Verschwinden geführt hatten. Schweigend lagen sie nun in den Liegestühlen zwischen den wärmenden Feuern und blickten durch den Funkenflug hinauf zum Sternenhimmel.
Hasst du die Männer? fasste sich Emet ein Herz, zog Elians Hand an sich und suchte den Blick in ihre Augen. Elian schwieg ernst. Am Anfang ja, mir haben sie Unsägliches angetan. Dann schwieg sie weiter. Aber die wenigsten sind brutale Raubtiere. Ausgerechnet in den Armen eines starken Mannes habe ich meine ersten Tränen weinen können und er hat mit mir geweint. Und sie erzählte, was Emet schon von dem Händler vor Sukis Haus erfahren hatte und vieles mehr, das Emet die Tränen in die Augen trieb. Als ich damals die niedergemetzelten Dorfbewohner fand, konnte ich nur an die Befreiung der Entführten denken. Ich dachte es wäre für diese Menschen überlebenswichtig, den Kampf aufzunehmen. Aber ich habe große Schuld auf mich geladen. Alle die mit mir zogen, wurden getötet oder in die Sklaverei geführt. Ich hätte den Kampf allein aufnehmen müssen, nur für sich selbst kann man das entscheiden. Emet schüttelte den Kopf, doch Elian fiel ihr ins Wort. Nein, sie haben nicht für sich selbst entschieden, ich habe sie mit meiner flammenden, zornigen Rede aufgestachelt! Keiner wollte seine Angst eingestehen, um nicht als feige dazustehen! Wir wurden vernichtend geschlagen. Die Soldaten von Arrnos erkannten mich als die Anführerin. Ich sollte nicht mitgenommen werden, damit der Zug nicht doch noch aufgehalten würde durch weiteren Widerstand. Als Rache für diesen hat man mich der Nachhut überlassen. Ich wurde gefoltert, geschändet und verstümmelt. Die Details erspare ich dir. Für meine Übeltäter war ich ein wehrhaftes Opfer, an dem sie ihren Spaß hatten. Irgendwann haben sie mich einfach achtlos liegen lassen wie einen blutigen Klumpen Fleisch und gefeiert bis in die Nacht. Wenn sie mich des Morgens so halbtot entdeckt hätten, wäre noch das gnädigste, dass sie mich töteten. Ich war kaum fähig mich auf den Vieren zu bewegen, aber ich kroch zu den schlafenden betrunkenen Folterknechten, stahl dem nächsten den Dolch. Keiner hat überlebt.
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.