Tiefen und Höhen

Josie

36 32-49 Minuten 0 Kommentare
Tiefen und Höhen

Tiefen und Höhen

Gero Hard

Ela hatte sich selbst über die Regenbogenbrücke gebracht. Über eine Onlineapotheke hatte sie sich anscheinend frei verkäufliche Einschlafhilfen besorgt. Zwei Päckchen mit je zwanzig Tabletten hatte sie geschluckt. Zusammen mit den Beruhigungsmitteln vom Arzt, ein tödlicher Cocktail.
Zusätzlich hatte sie sich eine Rasierklinge fast fünfzehn Zentimeter längst durch beide Arme gezogen. Die Frau wollte unbedingt sterben, so viel stand fest.
Ich werde das Bild wohl nie wieder vergessen können, was sie uns bot. Halbnackt, nur mit einem Höschen an, lag sie da. Übersät mit den Brandnarben auf ihrem Körper, der halben Brustwarze auf ihrer linken Brust, weil man ihr die andere Hälfte abgeschnitten hatte. Im Todeskampf hatte sie sich eingepisst und eingekackt. Ihr Anblick war ebenso entwürdigend, wie die letzten Monate ihres Lebens wohl gewesen waren. Shiva hatte den leblosen Körper mit einer Decke zugedeckt, bis die Polizei und der Krankenwagen eintrafen. Der Notarzt konnte nur noch ihren Tod feststellen.
Ich machte mir die schlimmsten Vorwürfe, weil ich sie doch indirekt in die Arme dieser Bande getrieben hatte. Hätte ich nicht so von dem dicken, langen Schwanz von Sven geschwärmt, und hätte ich sie nicht gedrängt, das Teil doch selbst mal auszuprobieren, würde sie vielleicht jetzt noch leben.
Dazu das viele Blut, ihr entrückter Gesichtsausdruck, ihr verdrehter Körper auf der Couch, die Pillenschachteln, wie sollte ich damit fertigwerden? Ich dachte an Freya, die vielleicht mit ihrem Psychokram helfen konnte.
Der Tod von Ela war tragisch, berührte mich komischerweise aber nicht so, wie das Gesamtbild des ‚Tatorts‘, das mir einen kalten Schauer über den Rücken trieb.
Doch über all dem schwebte eine viel schärfere Klinge, die Chris bedrohlich über mir schwenkte. Ich dachte komischerweise keine Sekunde darüber nach, wie die Alternative zur Villa, zu Chris und Falk, zu Shiva und Franzi aussehen könnte.

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