„… und so frage ich dich Julia, verwitwete Berger, willst du den hier anwesenden Timo Schüttler zu deinem Mann nehmen, ihn lieben und ehren, in guten und in schlechten Zeiten, bis das der Tod euch scheidet? So antworte: Ja, mit Gottes Hilfe.“
„Ja, mit Gottes Hilfe.“
„… und du, Timo Schüttler, willst du die hier anwesende Julia, zu deiner Frau nehmen, sie lieben und ehren, in guten und in schlechten Zeiten, bis das der Tod euch scheidet? So antworte: Ja, mit Gottes Hilfe.“
„Ja, mit Gottes Hilfe.“
„Sie dürfen die Braut jetzt küssen!“
Das und den aufbrausenden Applaus sind das letzte, was ich um mich herum wahrnehme. Julia dreht sich zu mir, nimmt mein Gesicht in ihre Hände und dann küssen wir uns leidenschaftlich. „Ich liebe dich, Frau Schüttler.“
„Und ich liebe dich, Herr Schüttler.“, lächeln wir uns an.
Die Reederei hat ein paar Flaschen Sekt spendiert und mit allen Gästen stoßen wir an, als vom Oberdeck gleichzeitig mit dem ‚Ja-Wort‘ das Neujahrsfeuerwerk gestartet wird und im Nachthimmel unter lautem Knallen zu tausend kleinen Sternen zerplatzt.
Wir stellen uns mit den Mäusen etwas Abseits, weg vom Trubel. Mein Engel und ich, Arm in Arm, die Kinder von uns liebevoll an uns gedrückt, beobachten wir verträumt das Schauspiel.
Epilog: Meine Geschichte endet hier. Man soll aufhören, wenn es am Schönstens ist, oder? Bestimmt gäbe es noch viel von Timo und Julia zu berichten. Auch von Emma und Peter, die irgendwann ihre Sexualität entdecken werden und
auch ihre Partner finden und Kinder haben werden. Aber bei ihnen möchte ich nicht die Laterne halten, um sie bei ihren sexuellen Erfahrungen zu beobachten, damit ich wieder was zu schreiben habe. Tut mir leid.
Ich weiß immer noch nicht, warum Julchen nachts des Öfteren geweint hatte, aber es hörte sofort auf, als wir beide ein Paar wurden. Jedenfalls habe ich sie danach nie wieder weinen sehen oder hören. Jedenfalls nicht, weil sie je wieder unglücklich war.
Julchen hat eine Holztruhe gekauft. Sie hatte diese an einem schönen Ort im Wohnzimmer abgestellt, rechts und links davon mit einem hohen Kerzenständer dekoriert. Ein dickes Schloss hing davor. Erst wusste ich nicht, wofür das gut sein sollte. Doch eines Abends kniete sie davor, zog mich zu sich herunter und öffnete den Deckel. Liebevoll hatte sie Erinnerungen unserer Liebe darin gesammelt.
Das Fotoalbum ihrer Familie gehörte ebenso dazu, wie ein Berg unzähliger Fotos, die uns in den glücklichen Momenten mit den Kindern zeigten. Auch die, die ich zu Beginn von den Kindern im Garten gemacht hatte und dann zu Julia ins Krankenhaus geschickt hatte. Die Willkommens-Girlande, die von den Kindern so mühevoll ausgemalt wurde und im Flur hing, als ich sie aus dem Krankenhaus holen durfte.
Von jedem Strand, auf den wir je einen Fuß gesetzt hatten, nahm sie ein kleines Glas Sand mit und deponierte es als Erinnerung in dieser Kiste, versehen mit Ort und Datum.
Für mich die schönste Erinnerung von allen, ist ein Glas mit dem Wasser des Fjordes, auf dem wir geheiratet hatten.
Dazu die Seekarte, überreicht vom Kapitän Nemo, auf der mit einem Kreuz der Ort eingezeichnet ist, wo die Trauung stattfand und einer Urkunde mit dem Trauspruch, von dem ich vor Aufregung so wenig mitbekommen hatte.
Julias Herz war nicht mehr auffällig. Unser Plan, die Kinder zusammen zu betreuen und sie dadurch zu entlasten, ging also auch auf.
Tja, und wenn sie nicht gestorben sind …
Ende
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.