Tirami sû

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Tirami sû

Tirami sû

Anita Isiris

Mit Herzklopfen machte sich Amélie durchs Schneegestöber auf den Weg zu Dans Klause. Seine kleine, aber gemütliche Wohnung konnte man tatsächlich als Klause bezeichnen – sie war ein bisschen düster, verfügte aber über alle Annehmlichkeiten, die das Leben eines Studenten ein bisschen erhellen – bis hin zu einer grossen, gemütlichen Couch und einer erlesenen CD-Sammlung. Auch Vinylschallplatten waren wieder ein Thema für Dan – einen Teil seiner Sammlung hatte er seinem Vater zu verdanken. Dieser wollte noch zu Lebzeiten seinem Filius die eine oder andere Freude bereiten. «Breakfast in America», als Picture LP, Supertramp und was der schönen Dinge mehr sind.

Amélie betätigte die Klingel und stellte erst in diesem Moment fest, wie durchfroren sie wirklich war. Ein paar Eiskristalle hatten sich an ihrem schulterlangen, braungoldenen Haar festgesetzt, und ihre freien Fingerkuppen waren rot angelaufen.

Dan öffnete sofort und strahlte. Er bat Amélie herein und nahm ihr galant den Mantel ab. Der Mann hatte einfach etwas an sich, fand sie, genau so wie sein Kollege Reto, der allerdings in der grossen Villa seiner Eltern in ganz anderen Verhältnissen lebte. Die grosse, dunkelblau bezogene Couch stach Amélie sofort ins Auge. Ihr war klar, dass Dan sie nicht nur zu einem Teller Spaghetti eingeladen hatte. Es würde eine ausgedehnte Nachspeise folgen, zu der sie im Übrigen mehr als bereit war. Sie hatte ausgiebig geduscht, ihr neues Aloe Vera Shampoo ausprobiert und das erst vor Kurzem erschienene und bereits vergriffene Parfum von Billie Eilish in ihre Halsbeuge und hinter die Ohrläppchen gesprüht.

Ja, Amélie, die winterlich gekleidete Amélie, war bereit für die Liebe, und das signalisierte sie auch. Es knisterte spürbar zwischen den beiden, aber den Anstand gebot es, dass sie sich vorerst einmal in Smalltalk verloren. Amélie erzählte von ihrer letzten Vorlesung bei einem etwas verwirrten Professor, Dan schilderte den Ausflug mit seinem Motorrad vom vergangenen Wochenende, der mit einer Panne geendet hatte. «Wäre Reto nicht dabeigewesen», grinste er, «ich würde noch heute an dieser Autobahnraststätte feststecken.

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