Über der alten Kate

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Über der alten Kate

Über der alten Kate

Anita Isiris

Auch von zweien gleichzeitig hab ich es mir schon besorgen lassen, damals, am Sternenbacher Gutshof. Heissa, den beiden Knechten ging damals fast die Luft aus. Zwischen fünf Bierfässern waren wir eingezwängt, draussen tobte das grosse Sommerfest, und wir konnten es kaum erwarten, uns die leinenen Trachten gegenseitig vom Leib zu fetzen. Ich habe schon alles gesehen. Jonathan der Knecht und Junker Elfrik haben niemals meine Erfahrung, niemals! Sollen sie doch auf ihren Schafen, Ziegen, Kühen und Schweinen hocken bleiben!
Ich angle mir den Hausherrn, das ist so gut wie sicher. Nein, schön ist der Mann nicht. Er hat eine viel zu grosse Nase, fast wie einer dieser Nasenaffen auf Borneo, von denen ich neulich eine Zeichnung gesehen habe. Aber: „Wie die Nase des Mannes, so sein Johannes“ heisst es doch – oder? Hansviktor, der Hausherr, kann aber mit Geld umgehen – ganz anders als die restlichen Säufer. Entweder die saufen hier, oder schleppen sich mit ihrem Tripper des Nachts in ihre jämmerlichen Dachbuden. Ich bin eine stolze Frau. Ganz anders als Chrissie, die kleine Schlampe, die aussieht als wäre für sie jeder Windhauch eine Zumutung. Am dritten Tag ihrer Anstellung habe ich mich über Mittag in ihr Zimmer geschlichen. Ich konnte sicher sein, nicht ertappt zu werden, da um diese Zeit die Hölle los ist in der Küche. Zwei blaue Söckchen habe ich ihr gestohlen. Unsereins kennt so etwas nicht. Blaue Söckchen. Dazu ein zartrosa Fetzchen, das sie wohl Unterhose nennt, und einen Büstenhalter mit eingenähten Bügeln. Titten hat die Kleine kaum, aber gross angeben mit edler Unterwäsche. So tun als ob! So sind sie, die Jungen! Ach, ich sehne mich nach meinen Schweinen. Manchmal hasse ich sie zwar weil sie mir so ähnlich sind. Sie sind aber wenigstens ehrlich. Von Goethe kenne ich nur den einen Satz: „Mir ist so kannibalisch wohl als wie fünftausend Säuen!“ Grunzen, Ficken, Fressen. Dann der grosse Schlachttag.

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Gedichte auf den Leib geschrieben