Überraschung in Berlin 

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Überraschung in Berlin 

Überraschung in Berlin 

Anita Isiris

Einen Moment lang geht sie vor mir, und ich ertappe mich dabei, wie ich ihren wohlgeformten Hintern beobachte, der sich unter dem schwarzen, gelb geblümten Kleid bewegt. Wie glücklich sich ihr Mann schätzen kann! Und heute Abend… je nachdem… Bernd…

Ich verdränge den Gedanken sofort, denn jetzt geht’s ja erst mal nicht um Sex, sondern um Kultur. Das Spree-Schiff ist nur halb voll, und dem Ticketverkäufer steht die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Vielleicht interpretiere ich das aber nur. Die Fahrt ist jedenfalls sehr spassig, und Sabrina hat zum ersten Mal in ihrem Leben ein Himbeerbier vor sich. Respektvoll betrachtet sie die Regierungsgebäude, die vielen Anlegestellen, die Museen… und eine Führung durch Berlin könnte gut und gerne ein Jahr dauern. Etwas später setzen wir uns auf eine Parkbank, und da kommt es mir in den Sinn: Ich möchte meiner Freundin das Kaufhaus des Westens zeigen. Unbedingt. Shoppen kann man auch in Köln, klar. Aber nicht so. Wir schlendern durch die gigantische Damenabteilung und sehen Jäckchen für 1'200 Euro. Stiefeletten in derselben Preislage, die aber tatsächlich von der Frau, die hinter uns steht, weggekauft werden. Dann das Highlight: Die Delikatess-Abteilung in der zweitobersten Etage. Fast schon demütig bleiben wir vor den Auslagen stehen. 20 Senfsorten, 50 Honigsorten, fünf Makrelensorten auf Eis… Das erste Mal, als ich hier war, war ich geschockt. Ich komme aus einer eher armen Gegend, und, klar, ich habe eine Zeitlang in Zürich studiert und dort auch mein einigermassen brauchbares Deutsch gelernt. Aber das hier haut dem Fass den Boden aus. Dekadent, klar, und die Frischwaren, die sich nicht verkaufen, werden am Abend gemüllt. Aber gesehen muss man die Delikatess-Abteilung im KDW haben. Gehört irgendwie halt auch zu Berlin. Vom Kaffee im obersten Stockwerk bewundern wir die Gedächtniskirche, die auch bei strahlendem Wetter ein bisschen trostlos und dunkel wirkt… und dann geht die Reise weiter zum Alexanderplatz.

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