Unsere letzte Chance

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Unsere letzte Chance

Unsere letzte Chance

Alina Soleil

Es ist Mitte November. Draußen ist es grau und trüb, die Bäume haben alle Blätter verloren, es regnet, nieselt, nebelt oder graupelt praktisch jeden Tag, auf den nassen Straßen liegt matschbraunes Laub, und bis der Schnee im Dezember die depressive Landschaft mit sauberem, weißen Samt bedeckt und der Lichterschmuck vor den Wohnhäusern und in den Schaufenstern der Läden für Behaglichkeit und vorweihnachtliche Stimmung sorgt, dauert es noch eine ganze Weile. Mitte November ist es wirklich ziemlich ungemütlich, aber es ist auch die Zeit um meinen Geburtstag herum. Als Kind war das für mich immer denkbar blöd. Das Wetter zu schlecht, um draußen etwas zu unternehmen, unsere Wohnung zu klein, um mehr als eine Handvoll Freunde einzuladen und der Tag selbst zu nah an Weihnachten, was sich ungünstig auf die Geschenke auswirkte.

Heute ist das anders. Heute liebe ich dieses triste Novemberwetter und die melancholische Stimmung, weil es einen wunderbaren Kontrast zu wohltuendem Wellness in einer hochklassigen Location bildet. Seit Jahren verbinde ich meinen Geburtstag mit einer ganzen Woche Wellnessurlaub, irgendwo in den Bergen, in Österreich, Bayern oder Südtirol. Vielleicht täusche ich mich ja, aber zu dem Zeitpunkt scheinen mir die Hotels auch noch nicht komplett überlaufen. Der Herbst mit seinen vielen Wanderern und Mountainbikern neigt sich dem Ende zu und die Wintersaison mit den Skiurlaubern ist noch nicht angelaufen.
Dieses Jahr sind wir seit langem mal wieder in Österreich, in einem kleinen Adults Only-Ressort, das erst vor ein paar Jahren aufgemacht hat. Adults Only bedeutet nicht, dass es sich um ein Etablissement mit einer Nähe zu Swingerclubs handelt; es heißt lediglich, dass man keine Familien mit Kindern antrifft. Natürlich wissen die Betreiber, dass ihre Kunden solche Hotels auswählen, um eine Auszeit zu nehmen, Zeit für sich, für Zweisamkeit, für romantische Momente. Und entsprechend gibt es viele darauf ausgerichtete Angebote, wie Candlelight Dinner, Liebesfrühstück auf dem Zimmer oder Paarmassagen (natürlich ganz „brav“, nichts, was in die Nähe von Intimzonen ginge).

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