Unterwegs auf nächtlichen Straßen

Aus dem Zyklus - Auf der Suche

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Unterwegs auf nächtlichen Straßen

Unterwegs auf nächtlichen Straßen

Yupag Chinasky

Er pflegte, wenn er sich in interessanten Städten in Süd-Ost-Asien aufhielt, die Abende nicht in seinem Hotelzimmer zu verbringen, sondern durch die hellen, breiten Straßen zu flanieren, in den dunklen, engen Gassen umherzuirren, verborgene Plätze zu erkunden, am Ufer der Flüsse oder des Meers zu wandern, immer auf der Suche nach dem Exotischen, dem Ungewöhnlichen, dem kleinen Abenteuer. Mit anderen Worten, wenn es dunkel wurde, packte ihn die Unruhe und er machte sich auf die Suche nach einer Begleitung, nach einer Frau, um mit ihr zu plaudern, sie zum Essen einzuladen und zu hoffen, das sich auch noch mehr ergeben könnte. Was sollte er, statt „chercher les femmes“, auch sonst tun? Im Hotel bleiben, um früh und einsam und gelangweilt zu schlafen? In ein Restaurant zu gehen, um allein zu essen und sich auf diese Weise noch mehr Kummerspeck anzufressen. Oder gar in den oft wenig einladenden Hotelzimmern fernzusehen, Programme anzuschauen, die man weder verstand noch mochte? Man nimmt doch nicht die Mühe auf sich und fliegt stundenlang in ein fernes Land, um das zu tun, was man genauso gut zu Hause tun kann oder sich gar allein zu langweilen, sagte er sich. Nein, wenn er unterwegs war, dann nach dem Motto, "schlafen kann ich, wenn ich tot bin, aber das bin ich noch nicht". Er hielt einfach nichts davon, untätig herumzusitzen, Däumchen zu drehen und so seine kostbare Lebenszeit zu verplempern.

In einer der großen Städte, die nachts ziemlich verlassen ist und in der es wegen der Nähe zum Äquator schon sehr früh, sehr rasch und sehr intensiv dunkel wird, in denen es, abgesehen von ein paar beleuchteten Prachtstraßen, nur wenige Straßenlaternen und um diese Zeit auch kaum noch Verkehr gibt, in denen man bei Dunkelheit nur noch wenige geöffnete Läden vorfindet, in einer solchen Stadt fuhr ein Moped an einer Kreuzung an ihm vorbei, auf dem eine Frau in schwarzer Kleidung saß.

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