Uschi Muschi

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Uschi Muschi

Uschi Muschi

Claudia Carl

Ich wusste gleich, dass sie schnell zum Orgasmus kommen würde.

Frauen sehe ich diese Fähigkeit an, und zwar an ihrer Figur. Uschi hat schmale Hüften und eher breite Schultern, für mich ein Zeichen für mehr männliche Hormone und damit die männliche Orgasmusfähigkeit. Nicht selten habe ich solche Frauen beneidet, da es sich bei mir gerade anders herum verhält. Sowohl was die Figur betrifft als auch die Höhepunkte.

Trotz allem war diese Einschätzung bisher eher Interpretation.

An dem Abend, an dem wir unser konspiratives Treffen als waschechte Widerständlerinnen in einer Schwabinger Wohnküche veranstalteten, spürte ich Uschis Energie bereits, als sie noch im Flur stand. Ich war die erste gewesen und saß schon in der Küche am Tisch. Allein ihre Stimme zu hören, machte mich nervös.

„Da ist schon jemand“, sagte schließlich die Gastgeberin zu Uschi und sie steckte ihren Kopf durch die Küchentür. „Hallo, ich bin Uschi“, rief sie und ich wurde verlegen.

Es war eine Verlegenheit, bei der man sich als Frau gegenüber einer anderen Frau zuerst einmal fragt, ob es Neid ist. Oder Konkurrenz. Denn Uschis Ausstrahlung plättete mich sofort. Etwas von ihr schwappte über mich, eine Lebendigkeit, ein Vorpreschen, das Gegenteil von Schüchternheit und Abwarten.

Später bei der Erbsensuppe, die die Gastgeberin uns inzwischen sechs Verschwörern aus ebenso viele Haushalten servierte, lernte ich auch Uschis verzweifelten Protest kennen, so dass ich sie innerlich schon Sophie Scholl taufte.

Sie war aber nicht die einzige Aufgeregte. Alle sprachen an diesem Abend eigentlich kreuz und quer durcheinander. Jeder berichtete Skandalöses rund um die Coronapolitik der Regierung, die Impfschäden, die nicht mehr vorhandenen Grundrechte, den Polizeistaat und vieles mehr. Fast alles, was berichtet wurde, kannte ich schon aus unzähligen Telegram-Gruppen, die hier offenbar alle konsumierten. Ich verhielt mich aber lieber still, schließlich war ich zum ersten Mal dabei. Auch dazu hatte ich mich nur überwunden, weil es verboten war. Denn normalerweise bin ich gar kein Geselligkeitstyp. Schon lange vor Corona war ich froh, wenn ich bei Sauforgien und Selbstdarstellungen nicht mehr dabei sein musste.

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