Es war eine jener magischen Vollmond-Frühsommernächte, in denen alles geheimnisvoll hell erscheint. Quellwolken, die sich vor den Mond schieben und die Landschaft somit in ein unheimlich anmutendes Dunkel tauchen können. Die Silhouette des fernen Waldes. Die Fruchtbäume. Ein Fuchs oder eine Katze, die über Vanessas Bauernhof huschte, zwischen Kuhstall und Hühnerhof.
In einer dieser Nächte, es mag so gegen zwei Uhr gewesen sein, lag Sven in seinem Bett und wälzte sich von einer Seite auf die andere. Er brachte die Situation, in der er seiner geliebten Vanessa beim Liebemachen hatte zuschauen dürfen, nicht aus seinem Kopf, geschweige denn aus seinem Herzen. Kurz spähte er durch das Loch in der Holzwand. In Vanessas Schlafzimmer war es dunkel, bestimmt schlief sie tief und friedlich. Sven konnte nicht anders. Er schlüpfte in ein T-Shirt und in blaue Boxershorts und ging vorsichtig, auf Zehenspitzen, um das Knarren des Holzbodens zu vermeiden, zu seiner Zimmertür. Mit Herzklopfen stiess er sie auf, huschte hinüber zu Vanessas Tür und öffnete sie vorsichtig. Sein Gewissen war rabenschwarz, ihm war eigentlich schon klar, dass ihm dieser nächtliche Besuch keineswegs zustand. Aber Vanessa konnte ja nicht mehr tun, als sich empört aufzusetzen und ihn zum Teufel zu jagen. Andererseits war es ihm mehr als nur bewusst, dass Vanessa ihn damals, an der Flusslichtung, zum Zuschauen nicht nur eingeladen, sondern ihn mit ihrer eindeutigen Gestik geradezu aufgefordert hatte. Auch das Loch in der Wand, das sie vermutlich kannte, wie er vermutete, hätte sie längst stopfen können. Mochte Vanessa es eventuell sogar, wenn er ihr zusah?
Dann stand Svens Herz beinahe still. Vanessa lag splitternackt auf ihrem Bett, ihr Haar war auf dem Kissen ausgebreitet und wurde geheimnisvoll vom Mond beschienen.
Vanessas Becken
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Vanessas Becken
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