Varieté

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Varieté

Varieté

Paul Magallas

Zugegeben: Ich war das erste Mal im Varieté. In der U-Bahn sah ich seit Tagen den Trailer für das Programm „Nude – Akrobatisch, sinnlich, Burlesque“.
Ich war den Abend allein. Also, warum nicht einmal was Neues ausprobieren.
Natürlich war ich wieder viel zu früh im Saal. Aber das bot Gelegenheit, sich an die Atmosphäre im Raum zu gewöhnen und via ‚Leute zu gucken‘. Echt erstaunlich, wie unterschiedlich die Besucher:innen waren: Studentengruppen und Geschäftskolleg:innen. Viele ältere Paare. Manche hatten sich richtig rausgeputzt. Bei der Dunkelhaarigen hinter mir fragte ich mich, warum sie eigentlich überhaupt noch einen Mini trug, so kurz wie der war. Mir schräg gegenüber saßen zwei junge Frauen. Irgendwann beobachtete ich wie die eine, der anderen die Hand auf die Schulter legte und ihr minutenlang liebevoll durch’s lange Haar strich. Kleidungsmäßig fielen mir zwei jüngere Paare auf: Die Männer eher overdressed im Anzug mit Einstecktuch. Die zierlichen Frauen an ihren Seiten hatten modische Akzente gesetzt. Irgendwie erinnerten mich die Vier an die Russ:innen in einem meiner Lieblingspornos.
Ich hatte eine Karte für einen Zweiertisch auf dem Podest an der Saalseite am Vortrag gekauft. Der Platz war gut: Nach rechts bot er Beinfreiheit. Hinter mir war ein Holzbalken, an den ich gut den Kopf anlehnen konnte. Ich entdeckte, dass die ganze Fläche bis zur Wand geschlossen war – ein überraschendes, ungeplantes ‚Separee‘ sozusagen. Natürlich war ich gespannt, ob der Platz links von mir überhaupt verkauft war und wer dort wohl zu sitzen käme. In meiner Phantasie hatte ich mir schon manches ausgemalt.

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