Bisher war sie gewohnt gewesen, von männlichen Kollegen verehrt zu werden und laufend anerkennende Bemerkungen über ihr Aussehen zu erhalten. Die bekam sie immer noch, aber eben nicht mehr ungeteilt und manchmal hatte sie den Eindruck, dass Saskia die größere Aufmerksam zu Teil wurde und sie nur aus Höflichkeit ebenfalls mit einem Kompliment bedacht wurde. Solche Gedanken verscheuchte sie schnell. Sie war die Direktionsassistentin, die First Lady in dem Laden, eine Stilikone, elegant, charmant und souverän in jeder Lage und eine begehrenswerte Frau, dazu mit Pfeffer im Hintern. Da konnte ihr so leicht auch keine Jüngere das Wasser reichen; so schnell noch nicht.
„Was wäre dies für ein trostloser Ort, wenn es dieses Büro nicht gäbe. Oh ihr Grazien, könnt‘ ich doch für immer hier verweilen“, hatte ihnen Stenger aus dem Controlling erst vor ein paar Tagen, nur zum Schein humorverbrämt, vorgesülzt, als er wegen eines Termins bei Henrik ihr Büro aufgesucht hatte. Das war nett, damit konnte sie leben, das schloss beide ein, sie und Saskia, nahm keine aus. Und Saskia war ja wirklich süß.
„Oh lá lá! Heute mal die Eiskönigin?“, hatte Vera sie schon gleich morgens mit leicht süffisantem Unterton begrüßt, nachdem sie aus ihrem Mantel geschlüpft war, „aber sehr sexy! Ehrliches Kompliment. Schätze, da werden sich ein paar Kandidaten wieder viel zu erzählen haben.“ Sie trug zu dem weißen, anschmiegsamen Flauschpulli einen figurbetonten, knapp knielangen, hellen Rock mit grauem Rautenmuster und einem neckischen Schlitz an der linken Seite, dazu weiße Nylons und graue Stiefeletten mit hohen Absätzen und einem weißen Pelzkrägelchen an den Fesseln. Mit ihren rotblonden Locken, die bis unter die Schulterblätter reichten, sah sie in dem Outfit tatsächlich ein bisschen nach winterlicher Märchenprinzessin aus. Ihre Kleidung brachte die Vorzüge ihres jugendlichen Körpers wirkungsvoll zur Geltung, ohne anstößig zu sein.
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