Die verbissene Ehefrau

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Die verbissene Ehefrau

Die verbissene Ehefrau

Wulff Triebsch

Alles lief auf eine Trennung hinaus: Marion und ich redeten kaum ein Wort miteinander und vermieden jede unnötige Begegnung in unserem Haus. Wir teilten weder Tisch noch Bett; sie schlief allein im Schlafzimmer; ich hatte mich im Gästezimmer wohnlich eingerichtet. Nur ab und zu kreuzten sich unsere Wege, wenn ich Wäsche oder anderes aus dem Schlafzimmerschrank holte.
Der Neue, mit dem Marion ging, hieß Gernot, ein starker Raucher. Wenn sie von ihm zurückkehrte, wehte durch unser Haus ein Hauch von Zigarettenrauch, der verriet, wie nahe sie sich gekommen waren. Bald würde er ganz meinen Platz an Marions Seite einnehmen. Es war nur noch eine Frage der Zeit.

Um mich von meinem leidvollen Kummer abzulenken, buchte ich kurz entschlossen eine mehrtägige Reise. Marion zuckte gleichgültig mit den Achseln, als ich ihr mitteilte, dass sie für ein paar Tage ‚sturmfreie Bude‘ hätte und sie es hier ungestört mit ihrem Gernot treiben könnte.

*

Bei meiner Rückkehr befürchtete ich, überall in unserem Haus Gernots Spuren zu begegnen, vor allem dem Rauch seiner Zigaretten. Doch zu meiner Überraschung nahm ich im Haus nur einen Geruch wahr, der mich an Arztbesuche erinnerte.
Ich verstaute gerade meine letzten Reisesachen in meinem Zimmerschrank, als Marion in der Zimmertür erschien und mich mit einem freundlichen ‚Hallo! Da bist du ja‘ begrüßte.
Die Veränderungen an ihr fielen mir sofort auf: Um beide Arme war ein dicker Verband gewickelt; einer steckte sogar in einer Schlinge um ihren Hals. Ihre Gesichtsmiene verriet, dass sie unter Schmerzen litt.
„Wie du siehst, hatte ich Schwierigkeiten“, antwortete sie auf meine Frage, was passiert sei. Sie trat einen Schritt näher an mich heran. „Ich versuche die ganze Zeit, ohne fremde Hilfe auszukommen. Es gelingt mir nur mühsam unter Schmerzen.“
„Und Gernot? Warum hilft er dir nicht?“
Marion stieß einen Seufzer aus und starrte grimmig an mir vorbei. Nur bruchstückhaft erfuhr ich, was in meiner Abwesenheit geschehen war: Gernot war nicht allein gekommen, er hatte auch seinen großen Hund mitgebracht.

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