Aber die Rumba lebt nicht vom Offensichtlichen, sondern vom Dazwischen. Schon die Haltung erzählt davon: Der Mann zieht die Frau zu sich, die Frau jedoch drückt ihn zugleich weg. Dadurch entsteht eine körperliche Spannung zwischen ihnen, die sich auch in allem anderen widerspiegeln sollte. Es ist ein Spiel der Kräfte, eine Sehnsucht nach und gleichzeitig eine Angst vor Nähe, ein Versuch des Widerstands, ein unmerkliches Zittern. Nähe und Verweigerung. Hinwendung und Zurückstoßen. Die Rumba vereint all diese Gegensätze und macht sie zu einem wunderschönen Paradox. Und vor allem zu einem, das sich für mich von Anfang an richtig anfühlte.
Für mich verkörpert er eine unterdrückte Leidenschaft, ist dabei nie laut oder schamlos. Stattdessen flüstert er unausgelebte Fantasien. Er lässt Blicke verschmelzen, doch achtet darauf, dass sich Schultern nur beinahe berühren, eine Hand zwar auf der Grenze des Erlaubten liegt, aber diese nie überschreitet. Wer Rumba tanzt, spielt ein Spiel, das alle kennen.
Doch wie intensiv sie sein konnte, lernte ich an einem Punkt meiner Tanzlaufbahn kennen, an welchem ich dachte, sie wäre schon vorbei.
Es war einer jener Abende, an denen ich mich fehl am Platz fühlte. Mein langjähriger Tanzpartner hatte sich zuletzt immer seltener blicken lassen. Es lag nicht an uns, sondern an jener sanften, unaufhaltsamen Logik des Alltags, die Freundschaften in andere Richtungen lenkt: Verpflichtungen, ein neuer Job, kleine Ausreden, die man einfach glauben musste.
Diese Entwicklung hatte auch unser Trainer bemerkt und so kam es, dass ich plötzlich einen neuen Partner zur Seite gestellt bekam.
»Georg hat aktuell auch keine Tanzpartnerin, probiert es doch einmal gemeinsam aus», wurden wir einander kurz vorgestellt. Und wir hatten keinen Grund, es nicht ausprobieren zu wollen.
Verbotene Rumba
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