Verirrt

III.

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Verirrt

Verirrt

Michael Müller

Sie packte ihren Rucksack und fuhr in die Berge. Ihr kleines Zelt nahm sie mit, da sie keine Lust hatte in Hütten zu übernachten und an dem „lustigen Berghütten-Leben“ Anteil zu nehmen.
In den vergangen drei Stunden hatte sich ihre Laune aber etwas verschlechtert. Immer deutlicher wurde ihr bewusst, vom Weg abgekommen zu sein. Die Route, welcher sie bisher gefolgt war, war laut Karte blau markiert. Seit drei Stunden hatte sie aber keine blaue Markierung mehr gesehen. Sie folgte ihrem Gefühl und hoffte, bald wieder auf den markierten Weg zurück zu finden. Auch waren seit Mittag Wolken aufgezogen und in der Ferne war Wetterleuchten zu sehen. Genau genommen hatte sie keine Lust, ein Unwetter in ihrem kleinen Zelt zu überstehen. Sie erstieg einen Berggrat und hoffte, auf der anderen Seite eine Schutzhütte oder ein Almhaus zu entdecken und auch, dass dieses nicht allzu weit entfernt sei.
Der sehr steile Anstieg hatte sich gelohnt. Vielleicht eine halbe Stunde entfernt, so schätzte sie, stand nicht nur eine kleine Hütte, auch Rauch stieg aus dem Schornstein des Häuschens.
Der Wind frischte nun auf und Donner grollte immer näher. Sie begann eilig den Abstieg zur Hütte. Der Wind blies immer kräftiger, trieb sie an und trug bereits die ersten Regentropfen mit sich.
Sie erreichte die Hütte, stellte ihren Rucksack auf der kleinen Holzveranda neben der Türe ab und klopfte an. Als keine Antwort aus dem Inneren der Hütte kam, klopfte sie abermals, diesmal kräftiger.
Als auch auf ihr zweites Anklopfen keine Antwort zu hören war, öffnete sie die Türe und trat in die Hütte. Der Raum wurde von einer leise zischenden Gaslampe die von der Mitte der Balkendecke hing erhellt. Rechts von der Türe stand ein Holzherd und davor ein junger Mann, welcher aus einem großen, von Russ geschwärzten Kessel, Brei auf seinen Blechnapf lud. Eine große Narbe lief von seiner linken Schläfe zum Ohr, so als wäre sein Schädel vor vielen Jahren einmal gespalten worden. Ein wesentlich älterer Mann saß an einem rohgezimmerten Holztisch und löffelte Brei aus seinem Blechnapf. Er schabte mit dem Löffel die letzten Reste der Mahlzeit vom Rand des Napfes, sah kurz auf, wandte sich aber sogleich wieder dem Inhalt seines Napfes zu. Sein grauer Bart war um den Mund mit Brei verklebt. Beide trugen ziemlich verschmutzte Latzhosen.
„Guten Abend“ grüßte sie.
Der junge Mann sah sie an, der ältere nahm seinen Blick nicht von seinem Napf.
„Vater, wir haben Besuch“ sagte der Junge.
Der Alte löffelte weiter und schien sich nicht um die Worte seines Sohnes zu kümmern.
„Sie hat große Titten“ sagte der Junge.
Der Alte sah die Frau an, nickte langsam und zustimmend.
„Setz dich“ sagte er zu ihr und zu seinem Sohn gewandt: „Hör auf zu starren und gib ihr etwas zu essen“
Die Bemerkung des Jungen über die Größe ihrer Brüste hatte sie etwas verunsichert. Nun kam sie aber der Aufforderung des Alten nach und setzte sich an den Tisch. Der Junge schob einen gefüllten Napf vor sie und holte einen Löffel aus der Schublade des Tisches. Als er den Löffel vor sie hinlegte, fasste er sie an der Brust. Sie stieß seine Hand energisch weg.

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