Das Unwetter erschien ihr aber erträglicher, als eine Nacht mit den beiden Männern in deren Hütte zu verbringen.
„Hol’ den Rucksack rein“ forderte der Alte den Jungen auf. „Wenn den jemand vor unserer Türe sieht, gibt’s nur wieder blödes Gerede“ fügte er dann erklärend an.
„Kommen oft Leute vorbei?“ frug sie hoffnungsvoll.
„Fast nie“ sagte der Alte.
Der Junge hatte ihren Rucksack geholt und auf die Pritsche an der rechten Wand der Hütte geworfen. Die Türe versperrte er wieder.
„Setz dich und iss“ befahl ihr der Alte. „Griesbrei mit Ziegenmilch“ erklärte er.
Sie erkannte, dass jeder Fluchtversuch chancenlos sein würde. Sie setzte sich an den Tisch und begann den Brei zu löffeln.
„Der Junge ist schon in Ordnung“ begann der Alte. „Vor einigen Jahren, er war sechzehn, hatte er einen bösen Unfall. Beim Holzfällen erwischte ihn ein mächtiger Ast am Schädel und spaltete ihn. Die Ärzte haben ihm den Schädel wieder zusammengesetzt. Sein Hirn ist aber nicht ganz gesund geworden. Jetzt ist der Arme 28 und hat das Hirn eines vielleicht sechzehnjährigen. Und auch so eine Geilheit. Der Junge ist sogar hinter den Ziegen her! Ich bin immer froh, wenn sich ab und zu eine Touristin zu uns verirrt. Sonst könnte der Junge ja nie ordentlich vögeln.“
„Ich bin nicht hergekommen, um ihres Sohnes Geilheit zu befriedigen. Ich werde, sobald das Unwetter vorbei ist, aufbrechen. Sollte ihr Sohn auch nur einen Versuch wagen mich zu berühren, werde ich mich zur Wehr setzen!“ sagte sie sehr bestimmt.
„Und wie?“ wollte der Alte von ihr wissen. Er hatte sich auf seine Arme gestützt weit über den Tisch gebeugt. „Ihr Stadtzicken seit doch alle gleich. Daheim bumst ihr mit Jedem, der euch einmal etwas zu Trinken spendiert. Hier glaubt ihr euch als Heilige aufführen zu müssen! Was willst du denn machen? Schreien? Um dich schlagen? Glaub mir, das bringt dir alles nichts!
Verirrt
III.
8 17-27 Minuten 0 Kommentare
Verirrt
Zugriffe gesamt: 6130
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.