„Ihr bleibt doch noch zum Essen?“ Olivias Frage verneinten Patricia und Nils einhellig. Ihnen war mehr als deutlich anzusehen, dass sie nach Hause wollten und weitervögeln. Tags darauf erzählte Pat in einem sehr persönlichen Gespräch ihrem Freund und Chef welchen Kick ihr und ihrem Mann die heutige Erfahrung gegeben hatte. „Als ich mich so angekettet deinem Fingerspiel hingeben musste und Nils zusehen konnte, wie ich unter deiner Behandlung gekommen bin…allein der Gedanke daran lässt mich nass werden und war eine irre aufregende Erfahrung!“
Pat kam dann ganz nah an Martins Ohr heran und flüsterte: „Nils meint, ich soll mal richtig mit Dir vögeln…!“
Martin dachte das schon auch. Aber er war doch so beherrscht, diese Gedanken für sich zu behalten.
Patricia drehte sich nach dieser vertraulichen Aussage um und meinte beim Hinausgehen aus Martins Büro: „Aber wir machen das nicht! Okay?“
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Britta und ihr Mann hatten wohl ähnliches vor wie die Baumüllers und verabschiedeten sich ebenso. Olivia und Martin kam das ganz gelegen. Gemeinsam holten sie die Kinder von den Richters ab und verbrachten einen sehr schönen ersten Abend in ihrem neuen Zuhause.
Leon gefiel sein eigenes Zimmer. Clara aber bedrückte irgendetwas. Es dauerte nicht lange, bis sie mit der Sprache herausrückte: „Jetzt kann ich gar nicht mehr so gut auf Leon aufpassen!“
Die Anderssons nahmen diese Aussage nicht auf die leichte Schulter. Was Clara bisher unbewusst geleistet hat, ihrem kleinen Bruder das Gefühl zu geben, er wäre nicht allein, war für Leon sicher ein riesiger Halt. Für Clara schien diese selbstauferlegte Aufgabe ganz wichtig. Nun würde sie dafür nicht mehr gebraucht werden. Und genau das erkannten ihre neuen Eltern. Sie verstanden es fortan ihrer Tochter zu vermitteln, dass dem nicht so ist!
Vorausschauend darf man durchaus sagen, dass die separaten Zimmer, das neue Heim, der Garten und das ganze Drumherum den Kindern sehr guttaten. Die vier Anderssons waren nun an einem Punkt angelangt, wo es für eine Familie schöner nicht hätte sein können.
Eine Vertreterin des Jugendamtes läutete Mitte Januar an der Türe. Spontanbesuch. Frau Aumeier wurde von Olivia hereingebeten. Die Frauen kannten sich ja schon. „Hast Du schon unsere Zimmer gesehen?“ Clara und Leon zeigten der Frau beinahe das ganze Haus. „Schön habt ihr es hier!“, stellte die Jugendamtsvertreterin fest und wurde dann von den Kindern auch noch in den Garten gezerrt.
Es gab nichts zu bemängeln. Im Gegenteil! Frau Aumeier freute sich, dass es den Beiden bei den Anderssons so gut ging. Sie versprach, die endgültige Adoption zu befürworten und auch gerichtlich voranzutreiben. „Dann bekommen die Kinder einen anderen Nachnamen;“ bemerkte sie.
Olivia betonte, dass Leon und Clara dies bereits wüssten und darüber auch schon Zwiesprache (imaginär, Clara kann das gut interpretieren) mit ihrer Mama gehalten haben.
„Und?“, fragte Frau Aumeier.
„Wir dürfen gerne Andersson heißen“, zitierte Olivia ihr Noch-Pflegekind.
Stolz zeigte Clara der für sie fremden Frau ihre neuerworbene Schultasche. „Ich komme nämlich im September in die Schule!“, betonte die Fünfjährige.
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