Ich weiß nicht, wie lange wir so gesessen haben, es kam mir unendlich lange vor und hätte meinetwegen bis in alle Ewigkeit dauern dürfen. Diese Nähe, die Alfons mir gab, vermisste ich schon seit meiner Kindheit. Meine Eltern hatten nie Zeit für meine Schwester und für mich. Der Hof verlangte ihnen alles ab und so waren wir uns immer selbst überlassen. Anfangs habe ich gedacht, Hans würde sie mir geben und er meinte, wenn er mich nur richtig durchvögeln würde, wäre das genug. Er hat es nie verstanden.
Ich hob langsam meinen Kopf und schaute Alfons an: „Danke!“ Mehr Worte waren nicht nötig.
„Mein Angebot steht noch: Spiegeleier?“
„Aber du kannst doch dem Besitzer nicht die Eier wegessen?“, sagte ich etwas entrüstet.
„Doch kann ich!“ Er grinste und schaute mich belustigt an und sagte dann: „Es sind meine Eier und dies ist auch meine Hütte und sie steht aber auch jedem zur Verfügung, der Hilfe oder einen Unterschlupf braucht.“
„Das ist deine Hütte?“ Sprachlos starrte ich ihn an.
„Ja und jetzt rufe ich erst mal die Rettung an und bis die hier sind, können wir etwas essen. Magst du ein Glas Wein?“ Ich nickte, sein Geständnis hatte mich irritiert.
Er zog sein Handy aus seiner Jackentasche, die er über den Stuhl gehängt hatte und wählte eine Nummer.
„Grüß Gott Berti, ich habe hier eine verunfallte Person, die müsstet ihr bitte umgehend in der ‚Baude‘ abholen. Nein, ist nicht schlimm, sie hat sich wohl den Knöchel verstaucht.
Was? Das ist ja blöd! Wann ist er denn wieder einsatzbereit? Morgen Vormittag? Mist! Ok, lässt sich nicht ändern.“
Alfons wandte sich zu mir um: „Die können dich erst morgen Vormittag abholen, mit dem normalen Krankenwagen kommen sie hier nicht hoch bei dem Wetter, zu gefährlich! Der Geländewagen mit Allrad ist in der Werkstatt und steht erst morgen früh wieder zur Verfügung.“
Er hatte sich wieder am Sofa hingekniet und schaute mich mit seinen warmen Augen an, in denen ich förmlich versank. Dieser Mann kümmerte sich um mich, als wäre ich die wichtigste Person, die er hatte. Solche Aufmerksamkeit war mir noch nie widerfahren, ich konnte nicht glauben, dass er mich meinte.
Verloren im Black Forest
70 22-34 Minuten 5 Kommentare

Verloren im Black Forest
Zugriffe gesamt: 6792
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.
Danke für diese gefühlvolle Geschichte
schreibt Thunders
Lob und Guten Abend
schreibt Hansch
Danke
schreibt SvenSolge
schreibt Amorelio
Kleiner Gruß aus dem Fanlektorat
schreibt rockroehre