Die Versuchung

5 3-6 Minuten 0 Kommentare
Die Versuchung

Die Versuchung

Yupag Chinasky

Sie stand am Straßenrand im Schatten eines Baumes und hob die Hand. Als er anhielt und sie einstieg, sah er ihr an, wie erleichtert sie war. Es war kein Vergnügen in der Mittagshitze hier zu stehen und auf Autos zu warten, die nur selten vorbeikamen. Er war froh, dass der gemietete Toyota eine Klimaanlage hatte und auch das Mädchen genoss sichtlich die Kühle. Obwohl verschwitzt und etwas mitgenommen, machte sie der Charme der Jugend dennoch attraktiv, mit ihrem hübschen Gesicht, ihrer hellbraunen Haut und dem schwarzen, zu einem kurzen Pferdeschwanz gebunden Haar. Sie war attraktiv trotz oder wegen ihrer spärlichen, ja ärmlichen Garderobe, die gerade mal aus einem sehr kurzen, rosa Rock, einem dunkelblauen, verwaschenen Top mit Spaghettiträgern und abgetragenen Flipflops bestand. Auf der Vorderseite des Tops konnte man einen undefinierbaren Aufdruck erkennen und darunter sah man das Oberteil eines bunten Bikinis. Am auffälligsten und für ihn am überraschendsten war jedoch ein kleiner Diamant in einem Schneidezahn, der aufblitzte, wenn ihn ein Sonnenstrahl traf. Er wunderte sich, dass dieses Mädchen sich so etwas leisten konnte.

Nachdem sie eine Weile gefahren waren, verspürte er Durst und als eine Tankstelle kam, bog er von der Straße ab. Sie gingen in den Kiosk und er bestellte eiskalte Colas. Sie trank schnell und gierig und gab ihm zu verstehen, dass sie Cola sehr mochte, sich aber schon lange keine mehr hatte leisten können. Als er ihren sehnsüchtigen, auf eine Glasvitrine mit Snacks gerichteten Blick bemerkte, bestellte er, ohne sie zu fragen, eine kalte Pizza und noch ein Getränk. Während sie aß, steckte er sich die Kopfhörer seines neuen, sündhaft teuren Spielzeugs in die Ohren. Ein kleines Wunderding, mit dem man auch telefonieren, fotografieren und im Internet surfen konnte. Sie schaute interessiert hin und er erklärte ihr stolz die Funktionen, dabei ließ er nicht unerwähnt, dass solch ein Gerät in seiner Heimat tausend Euro kostet und hier sicher nicht erhältlich sei. Dann machte er ein Bild von ihr, sie war entzückt, und er versuchte ihr vergeblich zu erklären, dass er alle seine Urlaubsfotos in diesem kleinen Apparat gespeichert habe. Schließlich überließ er ihr die Kopfhörer und sie war sofort von der Musik begeistert und wollte den Player nicht mehr hergeben.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 17610

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben