Versuchungen

Nach dem großen Sterben – Teil 14

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Reinhard Baer

Sie wirkte nur gefasst solange der Schock anhielt, der zwischen ihrer erneuten Gefangennahme und dem Unfall lag. Erst jetzt begann sie das zu verarbeiten. Ich bedrängte sie nicht, stellte keine Fragen, sie würde schon erzählen, wenn sie soweit wäre.
Wir saßen eine Weile schweigend nebeneinander am Feuer bis sie plötzlich sagte: „Noch einmal ‚Haus der Löcher‘ hätte ich nicht geschafft. Ich hätte mir die Pulsadern aufgeschnitten. … es waren nicht allein die Freier. Du hättest mal die Drecksau erleben müssen, der ich vorhin die Rübe weggeschossen habe. Der ist jede Woche mindestens einmal über eine von uns hergefallen. Hast ja die Polaroids gesehen. Wenn die nicht hinterher im Erste-Hilfe-Zimmer wieder zusammengeflickt werden musste, konnte sie von Glück sagen. Aber ein paar Schnitt- und Brandwunden hatten sie immer, natürlich immer an Körperregionen die unten im Puff für den Freier unsichtbar blieben. Und ich wäre auch bald dran gewesen, so wie er mich immer angeglotzt hat. Hat im Auto auch schon an mir rumgefummelt.“
„Wie … wie ... lange warst du denn im ‚Haus der Löcher‘?“
„Nur etwa eine Woche, - aber du willst doch was ganz Anderes wissen, oder?“
„Was denn?“ Ich wurde verlegen und bekam rote Ohren. „Na zum Beispiel, was ich da machen musste.“
Ich wollte heftig verneinen und öffnetet gerade den Mund, als sie ihren Zeigefinger auf meine Lippen legte und sagte: „Sch … schsch... ist schon gut. Ich hatte Glück. Ich wurde zuerst bei den Wichserinnen eingesetzt. Handentspannung nennt man das, glaube ich, vornehm. Das machen sie gerne so zum Einstieg, hilft den Widerstand zu brechen. Später steigert sich das dann zu allen möglichen Sauereien. Und die die nach Jahren des Einsatzes alt, müde und verbraucht wirken, kriegen diese Plätze wo sie vor der Bretterwand stehen und nur noch aus Arsch und Möse bestehen. Zum Schluss betteln sie geradezu darum, zu den ‚Games‘ gebracht zu werden und für tödliche Spiele eingesetzt zu werden – ist nur noch eine Erlösung.“

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