Versunkene Stadt

Amazonengeschichten - Im Land des Nordens - Teil 12

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Versunkene Stadt

Versunkene Stadt

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Der Urwald lichtete sich und die Gruppe, die Emet gerettet hatte, zog durch eine Savanne mit einigen wenigen Feldern, vorbei an verfallenden Bauernhöfen, Wachanlagen und Dörfern. In der Ebene lag die einst mächtige Stadt Lapar, mit einer hohen Stadtmauer, Wehrtürmen und Palästen, Gegenstand der Sagen über eine vergessene Stadt im Dschungel mit unermesslichen Reichtümern und grausamen Bewohnern. Vor ihren Toren sah man Menschen und Affenmenschen auf den Feldern arbeiten und bei ihnen Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen und Elefanten. Es war ein wunderschöner Anblick, aber alles gezeichnet von Niedergang. Der Urwald reichte im Osten schon bis an die Mauern heran und die Affenmenschen hielten sich gar nicht damit auf, auf ebenem Boden bis zum Stadttor im Süden zu traben. Sie schwangen sich einfach durch die Bäume über die Wehranlagen und begaben sich durch ein paar enge Gassen und ein Gewühl von Bewohnern direkt zum Stadtplatz, einem weiten hellen Forum mit Arkaden in den halbwegs gut erhaltenen Häusern und dem gigantischen Palast im Norden. Eine breite Treppe führte hinauf zu seinem Vorplatz.

Emet stockte der Atem. Dort auf den Stufen vor ihrem Thron stand Gal, Königin, Priesterin und Göttin der Lapar, und um sie herum räkelten sich Geparden. Emet war eine Schönheit und im Auftreten königlich wie ihre unerschrockene Mutter Elian. Fernab aller Eitelkeit war ihr dies bewusst und sie dankte Isa für die Gnade von Anmut, Liebreiz und Willenskraft. Aber als sie Gal erblickte, verstand sie mit jeder Faser ihres Leibes, was es hieß, Herrschaft zu verkörpern. Es war nicht Gals makelloser Körper in knappem Leopardenfell mit goldenen Broschen an den Hüften und als Halter ihrer Brustschalen, nicht das Juwelendiadem in ihrem tiefschwarzen Haar, es war der kraftvolle, ernste Blick ihrer tiefen dunklen Augen, der Emet erschaudern ließ. Diese Frau hatte eine außerordentliche Willensstärke und ihr düsterer Blick ließ nicht sogleich erkennen, ob sie feindselig, bösartig oder wohlgesonnen und nur ernsthaft besorgt war. Emet, gänzlich im Unklaren über ihr Schicksal, fühlte sich sofort hingezogen zu ihr und gleichzeitig schwach und demütig. Sie fürchtete kein Unheil, doch Gals Blick ließ sie verstehen, warum die Legende sie eine Hexe nannte. Eine Zauberin war sie, schlug die Menschen in ihren Bann, noch bevor sie ein Wort gesagt hatte. Dieses seltsame Gefühl kannte Emet nicht, es irritierte sie, aber sie fühlte sich nicht unwohl, im Gegenteil. Und Gal hatte nur Augen für sie. Bist du die Amazone, von der man überall im Osten und Süden spricht? brach Gal ihr Schweigen. Sie fragte nicht, nein, sie forderte Auskunft. Emet hatte noch nie ihr Knie vor einem Herrscher gebeugt, aber vor Gal war sie versucht, sich ehrfürchtig zu zeigen. Emet verstand sich selbst nicht mehr. Nein, antwortete sie. Ich bin ihre Tochter!

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