Dann hörte sie das leise Klacken der Türklinke hinter sich. „Lucie“, wurde ihr Name geflüstert. Sekunden später legten zarte, nach Palmolive duftende Frauenhände das schwarze, alles verbergende Band um Lucies geschlossene Augen. Wenn ihr die Augenbinde angelegt wurde, schloss sie immer die Augen, obwohl sie ja auch mit offenem Blick nichts gesehen und geahnt hätte als die sie umgebende Dunkelheit.
Dann wurde die Tür ihr gegenüber geöffnet. Wärme schlug ihr entgegen, was sie keineswegs als unangenehm empfand. Diese warme Luft war geschwängert von Moschusduft, klar, so würde alles beginnen. Sie würden sie mit Moschuscrème einreiben, die Männer, von oben bis unten, und selbst ihre Zehenzwischenräume würden sie mitberücksichtigen. Männer liebten Zwischenräume. Die Zwischenräume zwischen Lucies enormen Brüsten. Den Zwischenraum zwischen ihren Schamlippen. Den Zwischenpobackenzwischenraum. Den Zwischenraum, der sich bildet, wenn Frau die Arme anzieht. Lucies Achseln waren ihre erogenste Zone überhaupt. Nur ganz wenige Eingeweihte wussten das. Wurde sie dort von einer Zunge, einem Schwanz oder einem Finger berührt, war es um sie geschehen. Lucie kam schon fast nur beim Gedanken, dass sich einer der Männer mit ihren Achseln beschäftigen würde – bitte so intensiv wie möglich.
Jetzt kam Vorfreude auf bei Lucie – noch während sie vorsichtig einen Schritt vor den andern setzte und den Raum betrat. Sie war bereit für die da drinnen. Schliesslich hatten die auch bezahlt für das bevorstehende Vergnügen. Lauter gebildete, feinsinnige Männer erwarteten sie – der mit den schwieligen Händen war Orthopäde, Fährmann und Philosoph. Die Schwielen hatte er sich beim Übersetzen über den Stadtfluss geholt, wenn er des Sonntags die Familien von einem Ufer zum andern ruderte. Seine Hände waren ganz besonders wohltuend – ganz anders etwa als die des Pianisten Farchim Bondango. Dieser mochte Rachmaninov beherrschen. Das weibliche Geschlecht zog sich vor seinen Riesenpranken aber scheu in sich selber zurück. Farchim Bondango war der einsamste Mensch der Welt, und ihm wurde nachgesagt, dass er des Öftern die Klaviatur seines Burger Jacobi Klaviers als Wichsvorlage benutzte. Weisse und schwarze Tasten waren für ihn ein und alles. An Lucies Damm oder ihren Nippeln hatten seine Finger aber nicht viel zu suchen.
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