Werners Braut

3 3-6 Minuten 0 Kommentare
Werners Braut

Werners Braut

Richard Hebstreit

Werners Vater Daniel war aus Rumänien. Nähe Hermannstadt. Einmal im Jahr seit Ende der Sechziger fuhr Daniel nach Rumänien. Im Koffer hatte er alles was es um Hermannstadt nicht gab und in einen Koffer passt. Daniel war spezialisiert auf Dinge, welche klein sind, unauffällig sind und im Zuge ihrer Kleinheit und Unauffälligkeit gut geschmuggelt werden konnten. Daniel war Nähnadelspezialist. Im speziellen Maschinennähnadeln. Die packte er in große grüne Nagelschachteln.
Daniel fuhr Montag Früh in Eisenach los unrasiert, in einem alten verschlissenen Zimmermannsanzug, und hatte dazu noch schöne saudreckige Finger ungeputzte Schuhe und stank noch Meter gegen den Wind nach Knoblauch. In Erfurt klapperte er die Haushaltwarengeschäfte ab und kaufte alles, was an Nähmaschinennadeln da war, auf. Gegen Mittag war er fertig und fuhr weiter nach Leipzig. In der Innenstadt drehte Daniel seinen Nähnadel Runden. Gegen 15 Uhr saß er im Zug nach Dresen und hatte dort noch eine knappe Stunde Zeit für seine Nähnadeltour. Dann schlief er in einem Hotel in der Nähe des Bahnhofs und fuhr früh mit dem ersten Zug nach Prag. Nachdem er auch noch die Prager Geschäfte um viele viele Nähmaschinennadeln erleichtert hatte, tourte Daniel nach Bratislava und an einem weiteren Tag nach Budapest. Die ungarischen Nähnadeln wollte er auch haben.
Alle Zöllner, die mal seinen Koffer zum Filzen in die Finger bekamen, liessen den Koffer ungefilzt. Der stank erbärmlich nach Speiseresten, Schuhcreme, ranzigem Fett und sonstwas. Die Nagelkartons enthielten rostige Nägel und Nähmaschinennadeln. Das stand auch auf seiner Zollerklärung. "Nägel und Nadeln".
Das er damit in drei Ländern in mehreren großen Städten folgedessen Nähnadelmangel verursacht hatte, störte Daniel weniger. Mit seiner Tour war für ein Jahr in halb Rumänien das Nähmaschinennadelproblem gelöst.
Nachdem Daniel mit seiner Sendung Nähnadeln in Hermannstadt eintraf, begann er mit dem Eintüten der Nähnadeln. Inzwischen war aus Westdeutschland ein kleines Packet mit zusammengefalteten Singernähmaschinennähnadelschachteln eingetroffen. Die ostdeutschen, tschechischen und ungarischen Nähnadeln wurden nun ohne viel Wundertaten in westdeutsche Nähnadeln verwandelt. So zwei Tage brauchte Daniel zum Verpacken seiner Ware.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 3698

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben