Wie das mit dem Fenstersturz wirklich war

Die wahre Geschichte - Teil 2

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Wie das mit dem Fenstersturz wirklich war

Wie das mit dem Fenstersturz wirklich war

Svenja Ansbach

Nun war Ludwigs Interesse geweckt und er blätterte zurück zum Beginn der Verhandlungen.

„(…) den 18ten May a.D. 1618 – die Delegation der protestantischen böhmischen Landstände hat erreichet die Burg. Heinrich Matthias von Thurn reisete unter großem Gefolge mit insgesamt 37 Männern und Frauenspersonen.“ Philipp beschrieb dann wichtige Persönlichkeiten aus dem von Thurnschen Gefolge, dabei auch relativ lapidar: „Unter den Frauensleuten auch die beiden Töchterlein des Heinrich Matthias von Thurn, zwey ganz apparte holde Fräulein mit langem gülden Haar und ebenmäßgem Antlitz von vielleicht 20 Jahr, dem Herrn hatte es gefallen, Heinrich und seinem Weib Margarethe Zwillinge zu schenken.“
Es folgte eine umständliche und weitschweifige Beschreibung der in den nächsten Tagen erfolglos und zäh verlaufenden Verhandlungen. Dann kam die Stelle, wo unser Hobby-Historiker Ludwig zu ahnen begann, wo die Reise hingeht.

Tief tauchte er nun ein, in die Welt altertümlicher Worte und gedrechselter Endlossätze:
„Die holden Maiden saßen bei Tisch gegenüber meiner Person, und kicherten ohn Unterlass aus Gründen, wo mir nicht erklärlich.“ Ludwig fuhr fort und übersetzte beim Lesen für sich in etwas einfacher formulierte Sätze der Jetztzeit:
„Anscheinend hatten sie Gefallen an mir gefunden. Ich fand sie auch sehr apart, dachte aber nicht eine Minute daran, die höfischen Konventionen zu brechen. Meine flüchtigen, unzüchtigen Gedanken möge der Herr mir verzeihen. Aber wir unterhielten uns unter Wahrung aller höfischen Sitten und neckten uns ein wenig, natürlich ohne den anderen Tischgästen Grund zu geben, das Verhalten als ungebührlich zu missbilligen.

Später, nach dem Genusse einiger Schoppen guten Rebensaftes, zog ich mich in meine Kemenate zurück. Beim Schein einer Kienspanfackel machte ich mich für die Nacht zurecht. Ich hatte gerade das leinene Nachthemd übergeworfen, als mit lautem Knarren meine Kammertür geöffnet wurde. Vor mir standen Elsbetha und Hedwiga, des Verhandlungsführers fesche Töchterchen. Voll Entsetzen wollte ich sie zurückweisen wegen dieser ungeheuerlichen Unschicklichkeit. Aber die beiden ließen von ihrem Vorhaben nicht ab und schlossen die Tür hinter sich. Als Hedwiga auch noch den Riegel vorlegte, wusste ich, dass das kein gutes Ende nehmen konnte.

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schreibt Amorelio

wohlan, wohl geschrieben, so dass das Horn des Lesers erwachet

Gedichte auf den Leib geschrieben